Bundesverfassungsgericht

Tarifeinheit: Urteil fällt am Dienstag

Kippen die Bundesverfassungsrichter das Gesetz zur Tarifeinheit oder nicht? Am 11. Juli wird entschieden.

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NEU-ISENBURG. Fast genau zwei Jahre nach Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes verkündet das Bundesverfassungsgericht an kommenden Dienstag sein Urteil über dessen Verfassungsmäßigkeit. Für Klinikärzte hat das Urteil enorme Bedeutung, denn letztlich entscheiden die Karlsruher Richter auch über die Zukunft arztspezifischer Tarifverträge.

Dem Verfassungsgericht lagen insgesamt elf Beschwerden gegen das Gesetz vor. Die Klage des Marburger Bundes gehörte zu den fünf, die zur Verhandlung angenommen wurden.

Anfang Januar hatte es zum Tarifeinheitsgesetz eine zweitägige Anhörung vor dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts gegeben. So viel Zeit nehmen sich die Verfassungsrichter selten. "Weil der Gesetzgeber sich bisher bei der Regelung der Konkurrenz im Arbeitnehmerlager normativ zurückgehalten hat, betreten wir hier Neuland", begründete der Vorsitzendes des Senats, Professor Ferdinand Kirchhof, warum sich die Verfassungsrichter so intensiv mit diesem Gesetz auseinandersetzen.

Im Kern geht es bei dem Tarifeinheitsgesetz um die Frage, ob bei einer Konkurrenzsituation in einem Betrieb nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gilt. Im Krankenhaus würde das im Prinzip immer die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sein. Sie vertritt alle Berufsgruppen, der Marburger Bund ist dagegen eine reine Ärztegewerkschaft. Der ärztliche Dienst stellt aber höchstens zehn bis 15 Prozent der Beschäftigten in einer Klinik. Seit sich Klinikärzte mit dem Marburger Bund 2006 in wochenlangen Streiks das Recht auf eigene Tarifverträge erkämpften, haben sich Bezahlung und Arbeitsbedingungen für die Klinikärzte durchaus gut entwickelt. Die eigenen Tarifverträge ermöglichen es auch immer wieder, den Fokus auf bestimmte Arztgruppen, zum Beispiel Berufseinsteiger, zu richten und Verbesserungen zu erreichen.

Verfechter der Tarifeinheit, wie Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) oder der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, rückten bei der Anhörung dagegen die Befriedungsfunktion des Tarifeinheitsgesetzes in den Mittelpunkt. Bei Tarifverhandlungen sollten alle Lohngruppen in den Blick genommen werden, nicht nur die Hochlohngruppen. Nahles beteuerte, die Verabschiedung des Gesetzes sei keine Reaktion auf die wochenlangen Streiks bei der Bahn und an den deutschen Flughäfen gewesen.

Wie die Richter entscheiden werden, ist offen. Sollten die Kläger unterliegen, könnten sie möglicherweise noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen. (chb)

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