Leitartikel zur ambulanten Weiterbildung

Ein vernünftiger Kompromiss

Ambulante und stationäre Versorgung müssen verknüpft werden - das gehört zum gesundheitspolitischen Repertoire. Doch wenn es wie bei der sektorenübergreifenden ambulanten Weiterbildung zum Schwur kommt, ist sich jeder selbst der Nächste.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Weiterbildung in der Praxis: Nachdem auf dem Ärztetag ein Kompromiss gefunden wurde, müssen nun Konzepte auf den Tisch.

Weiterbildung in der Praxis: Nachdem auf dem Ärztetag ein Kompromiss gefunden wurde, müssen nun Konzepte auf den Tisch.

© Klaus Rose

Drohungen, endlose Diskussionen und ein Arbeitskreis hinter verschlossenen Türen: Über die Konfrontation zwischen Marburger Bund (MB) und niedergelassenen Ärzten zur sektorenübergreifenden Weiterbildung in der ambulanten Versorgung auf dem Ärztetag in Hannover wird noch lange gesprochen werden. Gerne wird hinter vorgehaltener Hand über die Details getuschelt, wie es zu diesem Frontalzusammenstoß auf offener Bühne kommen konnte.

Vor dem Ausflug in die Gerüchteküche der sachliche Blick auf das Verhandlungsergebnis: Die sektorenübergreifende Weiterbildung in der ambulanten Versorgung für patientennahe Fächer wird nicht zur "Pflicht" - künftig "müssen" Inhalte in der ambulanten Versorgung gelernt werden, die nicht mehr in der Klinik angeboten werden.

Diese sprachliche Differenzierung mutet seltsam an - doch wurde die "Pflichtweiterbildung" für den MB zu einem Reizwort, das im Arbeitskreis entschärft werden musste.

Die Verzahnung von ambulanter und stationärer Weiterbildung kann nur dann erfolgen, sobald das Sozialgesetzbuch V die Finanzierung vorschreibt.

Wo ihre Weiterbildung stattfindet, entscheiden die jungen Ärzte selbst. Um den - oft mehrfachen - Übergang zwischen stationärer und ambulanter Weiterbildungsstätte zu koordinieren, werden ...

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 22.06.201323:33 Uhr

Kontroverse auf dem 116. Deutschen Ärztetag: Hausgemachter Krach und fauler Kompromiss

Die Kontroversen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer (BÄK) bzw. unter den Delegierten des 116. Deutschen Ärztetages (DÄT) um die ambulante Weiterbildung waren auf der Beratungs-, Prozess-, Beziehungs- und Ergebnisebene ebenso symptomatisch wie unlösbar. Die geplante neue Musterweiterbildungsordnung (MWBO) ist per Gesetz eindeutig Aufgabe der Ärztekammern u n d der BÄK. Der gesamte a m b u l a n t e Bereich der Krankheits- und Gesundheitsversorgung unserer Patienten/-innen obliegt durch den Sicherstellungsparagrafen jedoch zu 89,9 Prozent der Bevölkerung (GKV-Versicherte) a u s s c h l i e ß l i c h den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) u n d der KBV und damit den n i e d e r g e l a s s e n e n Vertragsärzten/-innen. Ausnahmen sind die Ambulanzen der Universitätskliniken und ermächtigte Spezialambulanzen der Krankenhäuser.

Für die spätere Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin (FAfAM) kann die alleinige Ausbildung in Medizinischen Fakultäten und Kliniken schon allein deswegen nicht ausreichen, weil unsere 36 Medizinischen Hochschulen gar nicht alle eigenständige Lehrstühle und Forschungseinrichtungen für Allgemeinmedizin haben. Somit versuchen einige Unis damit bereits während des laufenden Medizinstudiums, sich um die allgemeinmedizinische Ausbildung h e r u m z u m o g e l n! Würde dann nach den speziellen Wünschen der DÄT-Delegierten des Marburger Bundes (MB) und seines Ex-Vorsitzenden und jetzigen BÄK-Präsidenten, Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, eine ausschließlich n i c h t-ambulante Weiterbildung in diesem Fachgebiet ausreichen, n u r weil man Angst hat, im ambulanten Bereich die Tarifvertrags-Hoheit zu verlieren?

Da möchte man versucht sein zu fragen, wer denn u n s niedergelassene Vertragsärzte vor Selbstausbeutung, veralteten Abrechnungsziffern, Pauschalierung, Regressierung, absurd unterschiedlichen Regelleistungsvolumina und untertariflicher Entlohnung mit den wirtschaftlichen Risiken in unserer Selbstständigkeit schützt? Während die von uns angeleiteten Kolleginnen und Kollegen in der Ausbildung einen Rechtsanspruch auf Tarifentlohnung und Sozialleistungen o h n e Rücksicht auf die Praxis-Ertragslage haben sollen. Um das zu garantieren, muss die Einnahmen-Überschuss-Situation von ausbildenden Arztpraxen kompensatorisch angepasst werden. So lange die Morbiditätsrisiken von den Krankenkassen aber auf die niedergelassenen Vertragsärzte abgewälzt und medizinische Leistungen über Punktwert-Manipulationen u n a b h ä n g i g von der erbrachten Leistungsmenge pauschaliert werden, kann in der ambulanten Weiterbildung bis dato nicht nach den gleichen Konditionen wie in den Krankenhaus-Tarifverträgen bezahlt werden.

Über den n i c h t-hausärztlichen fachärztlichen Bereich kann ich nur so viel sagen: So lange sich eine Facharztausbildung, vom Augenarzt über Dermatologe, Internist, Orthopäde bis zum Radiologen vom Studium bis zur Facharzttätigkeit a u s s c h l i e ß l i c h klinisch und niemals in ambulanten Bereichen abspielt, fehlt ein ganz wesentlicher Erfahrungsbereich der Medizin: Der p r ä k l i n i s c h e, kranke Patient in seiner gesamten bio-psycho-sozialen Entität und die korrespondierende a m b u l a n t e ärztliche Berufserfahrung. Diesen Missstand erlebe ich täglich in der ambulanten hausärztlichen Allgemeinmedizin: Irritation, Verständnis- und Sprachlosigkeit in fast allen fachärztlichen Bereichen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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