Abrechnungsurteil

Für falschen Arzt gibt es kein Honorar

Weil eine Klinik aus Köln einen Mediziner mit erschlichener Approbation beschäftigte, darf die Krankenkasse Vergütungen zurückfordern, urteilte das Bundessozialgericht.

Von Martin Wortmann Veröffentlicht:
2009 hatte eine Klinik aus dem Bezirk Köln einen Mann Chirurgen angestellt, der sein Medizinstudium niemals abgeschlossen hatte: Mehr als zehn Jahre später streiten Krankenhaus und Kasse, ob es für die Behandlungen durch den falschen Arzt ein Honorar gibt (Symbolbild mit Fotomodellen).

2009 hatte eine Klinik aus dem Bezirk Köln einen Mann Chirurgen angestellt, der sein Medizinstudium niemals abgeschlossen hatte: Mehr als zehn Jahre später streiten Krankenhaus und Kasse, ob es für die Behandlungen durch den falschen Arzt ein Honorar gibt (Symbolbild mit Fotomodellen).

© Robert Kneschke / stock.adobe.com

Kassel. Für Klinikbehandlungen durch einen „falschen Arzt“ steht dem Krankenhaus keine Vergütung zu. Das gilt selbst dann, wenn der vermeintliche Arzt eine echte Approbation vorlegen konnte, sich diese aber durch gefälschte Zeugnisse erschlichen hat, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.

Es bestätigte damit weitgehend Rückforderungen der Krankenkasse IKK classic gegen ein Krankenhaus im Regierungsbezirk Köln. Danach kann das Krankenhaus lediglich die Vergütung für „eigenständige Behandlungsabschnitte“ behalten, an denen der vermeintliche Arzt nicht beteiligt war. In den Instanzen sind noch neun weitere Kassenklagen mit Rückforderungen über insgesamt 1,5 Millionen Euro anhängig.

Mann hatte Abschlussprüfungen nicht abgelegt

Das im Streitfall beklagte Krankenhaus hatte 2009 einen vermeintlichen Arzt angestellt und zunächst als Assistenzarzt, dann als Facharzt im Bereich Viszeralchirurgie beschäftigt. Später stellte sich heraus, dass der Mann zwar ein fast vollständiges Medizinstudium hinter sich, dann aber die Abschlussprüfungen nicht abgelegt hatte. Die Approbation, die er sich mit gefälschten Zeugnissen beim Regierungsbezirk Köln erschlichen hatte, widerrief die Behörde im November 2015.

In den sechs Jahren davor hatte er 336 Operationen vorgenommen. Beanstandungen durch Patienten sind offenbar nicht bekannt. Dennoch wertete das Amtsgericht Düren die Eingriffe durch den „Nichtarzt“ als Körperverletzung in 336 Fällen und verurteilte den Mann zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten.

Rückforderung von 31600 Euro

Für die Krankenkasse IKK classic war dies Anlass, für zehn Behandlungen ab 2012 die bereits ausbezahlten Honorare zurückzufordern, insgesamt 31 .600 Euro. Nach dem rechtskräftigen Strafurteil habe es sich um Körperverletzung gehandelt. Dafür dürfe und müsse die Versichertengemeinschaft nicht aufkommen.

Das Krankenhaus berief sich zum Einen auf Vertrauensschutz. Es habe eine Approbation vorgelegen, deren Echtheit die Bezirksregierung auf Nachfrage nochmals bestätigt habe. Hierzu betonte nun auch das BSG, dass das Krankenhaus kein Verschulden treffe. „Den Bockmist“ habe die Bezirksregierung gemacht, sagte BSG-Präsident Rainer Schlegel während der Verhandlung.

Dennoch sehe das Gesetz eine Vergütung nur für Krankenhausbehandlungen durch Ärzte vor. Dies sei „wesentlicher Bestandteil des Qualitätsgebots“. Hier sei der Operateur aber kein Arzt gewesen, ein Vergütungsanspruch bestehe daher grundsätzlich nicht.

Arzt war nicht an allen Behandlungen beteiligt

Teils erfolgreich war das Krankenhaus aber mit dem Argument, in mehreren der beklagten Fälle sei der falsche Arzt in weiten Teilen nicht an der Behandlung beteiligt gewesen. Hierzu urteilte das BSG, dass das Krankenhaus die Vergütung für vollkommen „eigenständige Behandlungsabschnitte“ behalten kann, etwa bei einer weiteren Erkrankung oder nach einer Verlegung in eine andere Abteilung. Darauf soll sich nun das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen die einzelnen Fälle nochmals ansehen.

Über Schadenersatzforderungen gegen den falschen Arzt hatte das Krankenhaus mit diesem einen Vergleich geschlossen. Ob auch Haftungsansprüche gegen die Bezirksregierung Köln bestehen und inwieweit diese bereits verjährt wären, hatte das BSG nicht zu entscheiden.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Eckwerte für Bundeshaushalt 2025

Regierung will die GKV nur mit Darlehen stützen

Das könnte Sie auch interessieren
Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums v.l.n.r.: Professor Karl Broich (BfArM), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christine Mundlos (ACHSE e.V.), Hauke Gerlof (Ärzte Zeitung), Dr. Johanna Callhoff (DRFZ), Professor Christoph Schöbel (Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen), Privatdozent Dr. Christoph Kowalski (Deutsche Krebsgesellschaft), Dr. Peter Kaskel (Idorsia)

© Thomas Kierok

ICD-11: Die Zeit ist reif für die Implementierung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Abb. 1: Bei erfolgreich therapierter Sialorrhö ist Teilhabe wieder leichter möglich

© Olesia Bilkei / stock.adobe.com [Symbolbild]

Glycopyrroniumbromid bei schwerer Sialorrhö

Wirtschaftliche Verordnung durch bundesweite Praxisbesonderheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Proveca GmbH, Düsseldorf
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Verträglichkeit von Rheuma-Medikamenten

Leberschäden durch Methotrexat? – Eher ist’s eine MASLD

Lesetipps
Älterer Mann mit Gesichtsnervenlähmung aufgrund des Eagle-Syndroms.

© Vladimir Arndt / stock.adobe.com

Kasuistik

Seltene Manifestation eines Eagle-Syndroms

Keine Hürden mehr: Websites sollen künftig so problemlos wie möglich zu erfassen und zu bedienen sein.

© VZ_Art / Stock.adobe.com

Neues Teilhabegesetz geht an den Start

So wird Ihre Praxis-Homepage barrierefrei