Icosapent-Ethyl (EPA) in Kapseln

Beeindruckende neue Daten zur „Fischöl“-Prophylaxe

Eicosapentaensäure in Reinform und hoher Dosis kann bei ausgewählten Patienten das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse deutlich senken, bestätigt eine neue Analyse der REDUCE-IT-Studie. Ein solches Präparat gibt es in Deutschland allerdings (noch) nicht.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Im Gegensatz zu Fisch hatten die meisten Fischöl-Kapseln in Studien keinen Effekt auf das kardiovaskuläre Risiko. Hochdosiertes Icosapent-Ethyl (bei uns nicht erhältlich) nützt jedoch.

Im Gegensatz zu Fisch hatten die meisten Fischöl-Kapseln in Studien keinen Effekt auf das kardiovaskuläre Risiko. Hochdosiertes Icosapent-Ethyl (bei uns nicht erhältlich) nützt jedoch.

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In der REDUCE-IT-Studie ist nach einer langen Serie enttäuschender Studien mit „Fischöl“-Präparaten erstmals gezeigt worden, dass das Behandlungskonzept der Substitution von marinen Omega-3-Fettsäuren in der Prävention von kardiovaskulären Ereignissen tatsächlich von klinischem Nutzen sein kann. In der Studie kam das verschreibungspflichtige und von der FDA zugelassene Präparat Vascepa® in hoher Dosis (2 × 2 g täglich) zum Einsatz. Es enthält Eicosapentaensäure (EPA) in reiner Form (Icosapent-Ethyl) und nicht, wie in anderen Präparaten üblich, in Kombination mit Docosahexaensäure (DHA).

25 Prozent Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse

Für die Studie sind nach definierten Kriterien insgesamt 8179 Teilnehmer ausgewählt worden. Sie mussten erhöhte Triglyzerid-Werte (150 bis maximal 500 mg/dl) und relativ niedrige LDL-Cholesterinwerte (40 bis 100 mg/dl) unter Behandlung mit Statinen aufweisen.

Bedingung war auch, dass entweder schon eine kardiovaskuläre Erkrankung oder ein Diabetes in Kombination mit mindestens einem weiteren Risikofaktor vorlagen (Sekundärprävention bei rund 70 Prozent, Primärprävention bei rund 30 Prozent der Teilnehmer).

Nach knapp fünfjähriger Behandlung gab es bei 17,2 Prozent der mit Icosapent-Ethyl und bei 22 Prozent der mit Placebo Behandelten ein Ereignis des primären kombinierten Endpunktes (kardiovaskulär verursachter Tod, nicht tödlicher Herzinfarkt oder Schlaganfall, Hospitalisierung wegen instabiler Angina oder koronare Revaskularisation).

Die hoch dosierte EPA-Supplementierung hatte damit eine signifikante relative Risikoreduktion um 25 Prozent bewirkt (Hazard Ratio, 0,75; p<0,001). Das entspricht einer Number Needed to Treat von nur 21.

Neue REDUCE-IT-Analyse

Beim ACC-Kongress 2019 in New Orleans hat Studienleiter Professor Deepak L. Bhatt von der Harvard Medical School in Boston nun eine neue REDUCE-IT-Analyse vorgestellt. Anders als in der Originalanalyse, bei der nur die Zeit zwischen Randomisierung und dem Auftreten eines Ereignisses des primären Endpunktes berücksichtigt wurde, ist der zeitliche Horizont bei der aktuellen Auswertung weiter gesteckt worden.

Dabei wurden zusätzlich auf alle im Studienverlauf registrierten Ereignisse eingegangen, die in der Folgezeit nach einem nicht tödlichen primären Endpunkt-Ereignis aufgetreten waren. Es ergab sich eine Gesamtzahl von 2909 Ereignissen, von denen 1606 primäre Endpunkt-Ereignisse (55 Prozent) und 1303 Folgeereignisse (45 Prozent) waren.

Dabei handelte es sich zu 60 Prozent um koronare Revaskularisationen, zu 17 Prozent um tödliche oder nicht tödliche Myokardinfarkte, zu zehn Prozent um kardiovaskuläre Todesfälle, zu sieben Prozent um Klinikaufnahmen wegen instabiler Angina pectoris und zu sechs Prozent um tödliche oder nicht tödliche Schlaganfälle.

Zwar nahm die Therapieadhärenz bezüglich Einnahme der zugewiesenen Studienmedikation mit zunehmender Studiendauer erwartungsgemäß ab. Dennoch offenbarte auch die Analyse der Folgeereignisse eine anhaltende Wirksamkeit von Icosapent-Ethyl. Wie schon erwähnt, reduzierte diese Behandlung das Risiko für ein primäres Ereignis relativ um 25 Prozent.

Als Folgeereignisse gab es 762 zweite, 272 dritte und 269 vierte oder mehr Ereignisse. Das Risiko für eine zweites Ereignis wurde durch Icosapent-Ethyl im Vergleich zu Placebo um 32 Prozent und das Risiko für ein drittes Ereignis um 31 Prozent gesenkt. Und selbst das Risiko für ein vierte oder gar fünftes Ereignis war relativ um 48 Prozent niedriger. Bezogen auf die Gesamtzahl aller rund 1600 Folgeereignisse ergab sich eine hochsignifikante relative Risikoreduktion um 30 Prozent durch EPA-Prophylaxe (RR 0,70).

Der absolute Nutzen in Zahlen

Die REDUCE-IT-Analyse der Gesamtzahl aller Ereignisse inklusive klinischer Folgekomplikationen offenbare das hohe Ausmaß an ischämischen Ereignissen selbst bei mit Statinen behandelten Patienten mit erhöhten Triglyzeridwerten, betonte Bhatt in New Orleans. Sie zeige aber auch, dass eine Prophylaxe mit täglich 4 g Icosapent-Ethyl die Gesamtereignisrate weiter senken könne.

Bhatt präsentierte eine absolute Nutzenberechnung auf Basis der REDUCE-IT-Daten: Pro 1000 Patienten, die fünf Jahre lang Icosapent-Ethyl erhalten, werden verhindert: 12 kardiovaskuläre Todesfälle, 42 Herzinfarkte, 14 Schlaganfälle, 76 koronare Revaskularisationen und 16 Klinikeinweisungen wegen instabiler Angina.

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