Medizinberichterstattung unter die Lupe genommen

15 Medizinjournalisten haben sich der kritischen Bewertung medizinischer Web-Inhalte verschrieben.

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Medizinjournalismus besser machen - das will das Portal medien-doktor.

Medizinjournalismus besser machen - das will das Portal medien-doktor.

© www.medien-doktor.de

BREMEN (cben). Manche Medizin-berichterstattung hat ihre Tücken: Die Artikel "Chip gibt Blinden Augenlicht zurück" oder "Walnüsse senken stressabhängigen Blutdruck" gehören offenbar dazu. Darauf weisen die Initiatoren des neuen Web-Portals www.medien-doktor.de hin. Sie wollen den Medizinjournalismus besser machen, indem sie regelmäßig einen Beitrag genau unter die Lupe nehmen, per Bewertungssystem gewichten und das Ganze dann veröffentlichen.

Tatsächlich verschweigt die Meldung über die Walnüsse fast alle Fakten, die über die Überschrift hinaus gehen. Und die Geschichte über den Wunder-Chip aus Tübingen, auf den "SPIEGEL"-online hinweist, verzichtet auf eine Nutzen-Risiken-Bewertung sowie auf ein Statement eines unbeteiligten Arztes.

"Journalisten machen sich so regelmäßig - bewusst oder unbewusst - zum Sprachrohr von Ärzten und Pharmafirmen statt zu ihrem kritischen Betrachter", sagt Marcus Anhäuser, leitender Redakteur von medien-doktor.de., bei der Vorstellung des Projektes in Bremen. "Unzählige Menschen haben sich schon wegen falscher Medizinberichterstattung falsche Hoffnungen und unnötige Sorge gemacht."

Eine Gruppe von derzeit 15 Medizinjournalisten bewertet regelmäßig einen ausgewählten medizinjournalistischen Beitrag aus Zeitungen, Magazinen, Fernsehen, Radio und Internetseiten. Beurteilt wird nach dem "Peer-review-System":

Ein Redakteur sucht den Artikel aus, zwei Journalisten beurteilen ihn, der Redakteur zieht bei Bedarf einen dritten Begutachter hinzu und schreibt aus den Gutachten schließlich den Text, der auf www.medien-doktor.de zu lesen ist. Eine der Begutachter ist Dr. Eva Schindele vom Bremer Medienbüro.

"Wir wollen natürlich nicht über Kollegen schimpfen", sagte Schindele zur "Ärzte Zeitung", "aber wir wollen eine verantwortliche Medizinberichterstattung unterstützen. "Maßstab für die Begutachtung sind zehn Kriterien, die bereits in den USA und Australien als Maßstab der Vorbilder von medien-doktor.de, "healthnewsreport.org" beziehungsweise "mediadoctor.org/au", angelegt werden.

Da in den USA vor allem Wissenschaftler begutachten, in Deutschland aber Journalisten, wurde bei medien-doktor.de neben Kriterien wie Kosten, Experten, Nutzen oder Risiken auch drei journalistische Kriterien hinzugefügt: Themenwahl, Vermittlung und Faktentreue.

"Der Mediendoktor orientiert sich bewusst an dem, was Journalisten selbst als Qualität definieren", so Wormer. Jeder Artikel wird schließlich mit einem bis zu fünf Sternen bewertet, nachdem jedes Kriterium als erfüllt, nicht erfüllt oder nicht anwendbar ausführlich dargestellt wurde.

Träger ist die Initiative Wissenschaftsjournalismus. Sie wird unterstützt von der Robert-Bosch-Stiftung, dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und von der BASF.

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