Welttoilettentag

Klobürste im Schulalltag

2,5 Milliarden Menschen haben weltweit keine vernünftigen Toiletten. Fäkalien verseuchen die Umwelt und machen Menschen krank. Das kostet im Jahr 260 Milliarden Dollar. Der Welttoilettentag am heutigen 19. November soll aufrütteln.

Von Christiane Oelrich Veröffentlicht:
Eine der alten Toiletten an der Chreav-Grundschule in Siem Reap in Kambodscha.

Eine der alten Toiletten an der Chreav-Grundschule in Siem Reap in Kambodscha.

© Christiane Oelrich / dpa

SIEM REAP. Preap Samnang ist 13 und geht in die 4. Klasse. Im Schreiben, Lesen und in Mathe, da ist er nicht gerade der Beste, aber was da hinten auf seinem Schulhof in Siem Reap in Kambodscha passiert, das weiß er ganz genau: "Da werden unsere neuen Toiletten gebaut."

Irgendein Problem mit den alten? "Ja, die sind hässlich und schmutzig, und da gibt es keine Seife." Ist das ein Problem? "Ja klar, Mensch", ruft Samnangs Freund Lis Loy (11) dazwischen. "Wir brauchen gute saubere Toiletten und Seife, damit wir nicht krank werden."

"Wasser, Hygiene und, Abwasserentsorgung - das sind kritische Faktoren für das Überleben von Kindern und Bausteine für ihre Gesundheit und Entwicklung", sagt das UN-Kinderhilfswerk Unicef.

Nur: Jeder dritte Mensch weltweit hat keinen Zugang zu vernünftigen Toiletten - nach Schätzungen 2,5 Milliarden Menschen. Eine Milliarde Menschen verrichten ihre Notdurft in freier Natur. 80 Prozent der Abwasser werden nicht gereinigt.

Am 19. November ist Welttoilettentag: Das Thema Sanitäranlagen soll dann weltweit ins Bewusstsein kommen.

Neue Toiletten aus Bremen

Die Entwicklungsorganisation Borda aus Bremen baut an der Chreav-Grundschule neue Toiletten. Sie ist Spezialist für Abwasser- und Abfallentsorgung mit umweltfreundlichen Technologien. Das Abwasser wird auf dem Schulgelände durch ein Kammersystem mit Bakterien und ein Pflanzbecken mit Kieselfilter und am Ende sauber in einen Kanal geleitet.

DEWATS heißen solche Anlagen, die englische Abkürzung für "Dezentralisiertes System für Abwasserbehandlung".

"Das ist zwar teurer als Klärgruben, wie sie andere Organisationen bauen", sagt Soon Sekheng von Unicef. "Wir fördern dies aber, weil hier gleichzeitig die nächste Generation Nachhaltigkeit lernt."

In der Klasse 5 der Chreav-Schule springen die Kinder artig auf, wenn Besucher in die Klasse kommen. Auf sie kommt demnächst eine besondere Aufgabe zu: die 5. und 6. Klassen machen im Turnus die neuen Toiletten sauber.

Wer macht dabei mit? Die gesamte Klasse reißt die Arme hoch, auch die Jungs. Ratanak ist erst zehn, aber mit der Klobürste in der Hand und viel zu großen Gummihandschuhen demonstriert er gerne, wie Toiletten richtig geschrubbt werden.

Kinder zu Hygiene-Botschaftern erziehen

Borda verlangt großes Engagement, und die Chreav-Schule hat ihre Hausaufgaben gemacht. Jede Woche lernen die Schüler jetzt etwas über Hygiene, Abwasserentsorgung, Umweltschutz.

"Bei uns fehlen jeden Tag etwa fünf Prozent der Schüler wegen Krankheit", sagt Nou Norn, stellvertretender Schulleiter. "Sie kommen oft aus armen Familien, die kein sauberes Wasser und keine Abwasserversorgung haben."

Er will die Kinder zu Hygiene-Botschaftern erziehen. "Sie gehen nach Hause und fordern ihre Eltern auf, die Hände zu waschen und das Gemüse vor dem Kochen abzuwaschen. Manchmal sind die Eltern irritiert und sagen: "Du bist noch klein und willst mir etwas beibringen?!"

Aber genau das ist das Ziel, sagt er. In Kambodscha hat ein Drittel der 11.000 Schulen mit zusammen gut drei Millionen Schülern keine Toiletten.

Viele "machen" unter freiem Himmel

Weltweit ist die Lage in Afrika südlich der Sahara und Südasien besonders prekär. Gut zwei Drittel der Menschen haben keine vernünftigen Toiletten. In Kambodscha müssen selbst in Städten fast ein Viertel der Einwohner unter freiem Himmel "machen".

Die Weltbank schätzt, dass der Toiletten- und Hygienemangel weltweit im Jahr 260 Milliarden Dollar (190 Milliarden Euro) kostet: für die Behandlung von Durchfall, durch den Produktivitätsverlust aufgrund von Krankheiten und generell durch die beeinträchtigte körperliche und geistige Entwicklung von Kindern wegen häufiger Krankheiten.

In der Asien-Pazifik-Region sind Durchfallerkrankungen die häufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren. Bei einer Unicef-Studie in drei philippinischen Provinzen hatte mehr als die Hälfte der Kinder Darmwürmer.

Der 19. November ist übrigens der Gründungstag der Welttoilettenorganisation in Singapur. Unternehmer Jack Sim hat sich 2001 die Verbesserung der Toilettensituation weltweit auf die Fahnen geschrieben. Seitdem hat er Projekte und Aufklärungskampagnen gestartet.

Die Vereinten Nationen würdigen seine Anstrengungen in diesem Jahr mit der Deklaration des Welttoilettentags. (dpa)

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