"Haltungsform"

Neues Logo klärt Verbraucher über Tierhaltung auf

Viele würden beim Schnitzel in der Kühltheke gern wissen, wie die Tiere gelebt haben. Nur woran sieht man das? Der Handel hat ein neues Logo gestartet.

Von Sascha Meyer und Erich Reimann Veröffentlicht:

DÜSSELDORF/BERLIN. Beim Fleisch-Einkauf soll es seit Montag einfacher sein, die Haltungsbedingungen der Tiere zu erkennen. Die großen Supermarktketten wie Edeka, Rewe, Aldi und Lidl führen eine einheitliche Kennzeichnung auf Verpackungen für Rind- und Schweinefleisch sowie Geflügel ein.

Das neue Logo mit der Aufschrift „Haltungsform“ soll Kunden auf einen Blick informieren, wie die Schlachttiere gelebt haben – mit vier Stufen, die mit dem gesetzlichen Mindeststandard beginnen. Damit kommt der Handel dem von Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) geplanten staatlichen Label zuvor, das ab 2020 bessere Tierwohl-Bedingungen anzeigen soll.

Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka teilte unmittelbar vor dem Start mit, er stelle seit Mitte März seine Eigenmarkenartikel für Fleisch und Wurst schrittweise auf die neue Haltungskennzeichnung um. Auch Rewe, Aldi und Lidl teilten mit, die Umstellung auf das neue einheitliche Layout laufe bereits und werde schrittweise verwirklicht.

Eine Reihe von Handelsketten wie Lidl, Aldi oder Rewe hatte schon in den vergangenen Monaten eigene Kennzeichnungssysteme in Sachen Tierhaltung eingeführt. Doch war dies für Verbraucher wegen der Uneinheitlichkeit der Kennzeichnung teilweise verwirrend.

Vier-Stufen-Information

Das einheitliche System sieht nun vier Stufen vor: Die erste Stufe „Stallhaltung“ entspricht lediglich den gesetzlichen Anforderungen. Fleisch, das mit der Stufe 2 („Stallhaltung plus“) gekennzeichnet ist, sichert Tieren unter anderem mindestens zehn Prozent mehr Platz und zusätzliches Beschäftigungsmaterial.

Stufe 3 namens „Außenklima“ garantiert Tieren noch mehr Platz und Frischluft-Kontakt. Bei Stufe 4 („Premium“) haben sie außerdem Auslaufmöglichkeiten im Freien. Auch Biofleisch soll in diese Stufe eingeordnet werden.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch spricht von einer „Mogelpackung“. Sie gaukele Verbrauchern vor, sie könnten mit ihrem Einkauf die Zustände in den Ställen maßgeblich verbessern, sagte Foodwatch-Experte Matthias Wolfschmidt. Es gehe aber nur um formale Haltungsbedingungen. „Das garantiert nicht, dass es den Tieren gut geht.“

Ziel ist ein Mehr an Tierwohl

Grünen-Ernährungsexpertin Renate Künast sagte: „Die Kunden haben bei jedem Stück Fleisch das Recht zu wissen, wie die Tiere gehalten wurden.“ Das Bundesministerium arbeite schon seit vier Jahren an einer freiwilligen Kennzeichnung. „Warten auf Godot, das macht der Handel nun nicht länger mit.“ Es sei gut, dass die Branche jetzt vorangehe und selbst eine Haltungskennzeichnung einführe. „Das Klöckner-Label ist damit gescheitert, bevor es starten konnte.“

Das Ministerium betont indes Unterschiede zum System des Handels. Das staatliche Kennzeichen lobe nicht schon den selbstverständlichen gesetzlichen Mindeststandard aus, sondern ein Mehr an Tierwohl. Es setze deutlich umfangreichere Kriterien an, die nicht nur die Haltung im Stall im Blick haben, sondern etwa auch die Aufzucht von Ferkeln, Transport und Schlachtung.

Das Logo soll mit Schweinefleisch starten. In der ersten Stufe sollen Schweine zum Beispiel 20 Prozent mehr Platz im Stall haben als vorgeschrieben.

Kritik gibt es aber unter anderem daran, dass Bauern nur freiwillig teilnehmen sollen. Foodwatch-Experte Wolfschmidt warnte: „Mitmachen werden nur die Betriebe, die ohnehin schon gute Arbeit leisten.“ Statt eines weiteren freiwilligen Siegels brauche es gesetzliche Vorgaben für bessere Tiergesundheit in allen Ställen.

Die Umweltorganisation Greenpeace forderte alle Anbieter auf, Fleisch freiwillig zu kennzeichnen, solange es keine Verpflichtung gebe. Eine eigene Abfrage bei Wurstherstellern habe aber keine Bereitschaft dazu erkennen lassen. Dies zeige, wie wichtig eine Kennzeichnungspflicht sei.

Ein weiteres freiwilliges Label, wie von Klöckner geplant, stifte nur Verwirrung, löse aber die Probleme nicht, glaubt Greenpeace. Damit in artgerechtere Haltung investiert werden könne, müsse mehr Geld bei den Tierhaltern ankommen. „Preisdumping bei Fleisch und Wurst muss ein Ende haben.“ (dpa)

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