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Hilfe für längere Selbstständigkeit im Alter

Der demografische Wandel wird auch ein Thema in der künftigen Städteplanung werden. Rödental hat mit einem Konzept vorgesorgt: Senioren können länger zu Hause leben und mobiler durch die Stadt kommen.

Gemeinsam für mehr Selbstständigkeit im Alter: In Rödental helfen Senioren anderen Hochbetagten bei Bewegungsübungen.

Gemeinsam für mehr Selbstständigkeit im Alter: In Rödental helfen Senioren anderen Hochbetagten bei Bewegungsübungen.

© Stadt Rödental

Von Pete Smith

In Deutschland leben knapp 82 Millionen Menschen, davon sind mehr als 20 Millionen zwischen 60 und 80 Jahre alt, fünf Millionen sogar älter als 80, Tendenz steigend. Der demografische Wandel stellt das Land vor enorme Herausforderungen. Das betrifft auch die Stadtplanung. Ein wegweisendes, seniorenpolitisches Gesamtkonzept hat die Stadt Rödental, eine Kleinstadt im oberfränkischen Landkreis Coburg, entwickelt.

Rödental hat etwa 14 000 Einwohner, ein Viertel davon sind über 60, 4,5 Prozent der Einwohner über 85 Jahre alt. Um den alten und hochbetagten Bürgern der Stadt ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, traf der Stadtrat 2002 eine zukunftsorientierte Entscheidung. Im Auftrag der Stadt setzte sich deren Seniorenbeauftragter, der Allgemeinarzt Dr. Wolfgang Hasselkus, mit den alten Menschen zusammen, um deren Wünsche zu ermitteln. Drei Monate lang dauerte die Befragung, 15 Seniorengruppen wurden besucht. Die meisten Senioren äußerten den Wunsch, möglichst lange selbstständig zu bleiben. Daraus wurden acht Arbeitsfelder markiert:

  • Stolperfallen im Zentrum beseitigen oder kenntlich machen,
  • sichere Übergänge für Benutzer von Rollatoren schaffen,
  • für eine Seniorenkompetenz in den Geschäften sorgen (Ausweisung von Toiletten und Ruheplätzen),
  • selbst öffnende Türen in den Geschäften im Stadtzentrum installieren,
  • öffentliche Toiletten ausbauen,
  • an strategisch wichtigen Punkten der Stadt Bänke anbringen, um die Mobilität der Senioren zu erweitern,
  • für einen leichteren Ein- und Ausstieg in den Stadtbus sowie eine größere Schrift beim Fahrplan sorgen,
  • eine finanzierbare häusliche Versorgung gewährleisten.

Im Anschluss an die Analyse und die Vorstellung im Stadtrat wurden die von den Senioren angesprochenen Themen sukzessive in Angriff genommen: Bürgersteige wurden abgesenkt, Sturzfallen beseitigt, Stufen farblich markiert sowie stadtweit Bänke installiert, wo sich die Senioren auf dem Hin- oder Rückweg zum Arzt oder Einkauf ausruhen können. Auch einige Geschäfte beteiligten sich an der Initiative, indem sie Sitzmöglichkeiten schufen und sich selbst öffnende Türen installierten. In einem nächsten Schritt machte sich die Stadt Rödental daran, für ein bestimmtes Quartier Konzepte für barrierefreies Wohnen zu entwickeln. Dazu zählten beispielsweise behindertengerechte Wohnungen im Parterre, eine seniorengerechte Gestaltung der Außenanlagen, Nachbarschaftsinitiativen und häusliche Hilfen. Im vergangenen Jahr wurde das Projekt "Wohnen in allen Lebensphasen" offiziell eingeweiht.

"Fit für den Alltag!" lautet das Motto eines Präventionsprogramms, für das die Stadt Rödental ehrenamtliche Helfer, selbst zwischen 60 und 84 Jahre alt, gewinnen konnte. Sie besuchen hochbetagte, sturzgefährdete Senioren daheim und nehmen mit ihnen zehn Wochen lang zweimal pro Woche Gleichgewichts- und Kraftübungen vor. Dadurch sollen Stürze verhindert und die Selbstständigkeit erhalten werden. Im Anschluss haben die Hochbetagten die Möglichkeit, das Training in einer Übungsgruppe weiterzuführen, wobei ihnen ein kostenloser Fahrdienst zur Verfügung steht.

Ein weiteres Projekt mit ehrenamtlichen Helfern zielt darauf ab, regelmäßig den Gesundheitszustand jener 320 hochbetagten Rödentaler zu ermitteln, die daheim leben. Auf Wunsch erhalten die Senioren wöchentlich Besuch von speziell geschulten Helfern, die nach Anweisung des Hausarztes Sauerstoffsättigung, Temperatur, Puls und Atemfrequenz der Hochbetagten messen, um auf diese Weise Verschlechterungen des Gesundheitszustandes rasch feststellen zu können. Vorrangiges Ziel dabei ist, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und eine Heimunterbringung hinauszuzögern.Die Stadt Rödental hat weitere Angebote für Senioren entwickelt, etwa Flyer zu häuslichen Hilfen, ein Literaturservice, hervorgegangen aus der Initiative "Bildung schützt vor Demenz", Sehhilfen oder eine wöchentliche Pflegesprechstunde. Regelmäßige Bürgerbefragungen sorgen dafür, dass das seniorenpolitische Gesamtkonzept der Stadt Rödental weiterentwickelt wird.

Seniorenkonzept der Stadt Rödental

Die 14 000 Einwohner zählende Stadt Rödental hat ein Gesamtkonzept entwickelt, um ihren alten und hochbetagten Bürgern so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dazu wurden im Zentrum der Stadt Stolperfallen beseitigt oder markiert, Bänke aufgestellt, sich selbst öffnende Türen installiert, Ruhezonen geschaffen sowie für leichtere Ein- und Ausstiege in den Stadtbus gesorgt. Darüber hinaus hat Rödental senioren- gerechte Wohnungen initiiert, Nachbarschaftshilfen organisiert und ehrenamtliche Helfer geschult, die hochbetagte Bürger daheim besuchen, um mit ihnen Kraftübungen zu absolvieren und ihren Gesundheitszustand zu kontrollieren.

www.roedental.de

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