Verhütungsmittel

"Pille" Umdenken bei der Verordnung

Junge Frauen bekommen heutzutage deutlich weniger risikoreiche Verhütungspillen verordnet als noch vor wenigen Jahren. Allerdings gibt es deutliche regionale Unterschiede, wie eine Analyse der GKV-Verordnungsdaten durch das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) zeigt.

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BERLIN. Der Verordnungsanteil der kombinierten oralen Kontrazeptiva mit einem höheren Risiko für Thrombosen und Embolien lag für Mädchen und junge Frauen bis zum Alter von 20 Jahren im Jahr 2017 bei 55 Prozent und damit deutlich unter dem Niveau des Jahres 2015 (66 Prozent). Das belegen Daten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). "Gerade bei jungen Erstanwenderinnen sollte man auf Arzneimittel setzen, zu deren Sicherheit Langzeitstudien vorhanden sind. Diese Botschaft kommt offenbar langsam, aber sicher in der Praxis an", sagt Dr. Eike Eymers, Ärztin im Stab Medizin des AOK-Bundesverbandes.

Seit 2014 gibt es die Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dass Ärzte insbesondere jungen Frauen, die das erste Mal die Pille einnehmen, Präparate mit einem geringeren Risiko für die Bildung von Thrombosen und Embolien verschreiben sollen. Trotz der positiven Entwicklung in den vergangenen Jahren sieht Eymers Verbesserungspotenzial: "Im vergangenen Jahr entfielen immer noch mehr als die Hälfte aller Pillen-Verordnungen für die jungen Frauen auf Präparate mit einem erhöhten oder unklaren Risiko für die Bildung von venösen Thromboembolien. Da ist noch Luft nach oben", so Eymers.

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Nutzen und Risiko abwägen

Im Detail zeigt die Analyse der GKV-Verordnungsdaten, die das WIdO vorgenommen hat, dass der Verordnungsanteil der risikoärmeren Pillen mit den Gestagenen Levonorgestrel, Norethisteron und Norgestimat von 31 Prozent in 2007 auf 45 Prozent im Jahr 2017 gestiegen ist. Die Anteile der Pillen mit den risikoreicheren Gestagenen Drospirenon, Desogestrel und Gestoden für die bis zu 20-Jährigen sind dagegen stark zurückgegangen von 33 Prozent in 2007 auf sieben Prozent im vergangenen Jahr. "Gleichzeitig hat die Verordnung von neueren Pillen zugenommen, deren langfristiges Risiko noch unklar ist", hebt Eymers hervor. So sei der Verordnungsanteil von Pillen mit dem Gestagen Dienogest von 19 Prozent im Jahr 2007 auf 35 Prozent in 2017 gestiegen und dies, obwohl das Risiko für das Auftreten venöser Thomboembolien noch nicht abschließend beurteilt werden könne. "Um die Mädchen und jungen Frauen keinen unnötigen Risiken auszusetzen, sollten die verordnenden Ärzte Nutzen und Risiko abwägen und je nach Gesundheitszustand der Patientin einen Wechsel auf die erprobten Präparate in Betracht ziehen", rät Eymers.

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Empfängnisverhütende Medikamente werden in der Regel nur bis zum vollendeten 20. Lebensjahr von den gesetzlichen Kassen erstattet. Daher liegen auch nur für diese Altersgruppe Verordnungsdaten vor.

Unterstützung fürs Gespräch mit Patientinnen zum Thema hormonelle Verhütung bieten die Online-Faktenboxen der AOK (www.aok.de/faktenboxen). Zum einen wird auf Basis wissenschaftlicher Studien gezeigt, bei welchen Verhütungspillen ein geringeres beziehungsweise ein höheres Risiko für Thrombosen und Embolien besteht. Demnach ist dieses Risiko bei den älteren Generationen der Pille mit den Gestagenen Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat am geringsten, bei Pillen mit den Gestagenen Drospirenon, Gestoden oder Desogestrel am höchsten. Allerdings gilt natürlich auch hier eine individuelle Nutzen-Risiko-Abklärung in der Praxis.

Bremen steht am besten da

In der Faktenbox werden interessierte Frauen zudem über typische Anzeichen für eine tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie aufgeklärt, und darüber, dass das Gesamtrisiko für das Auftreten eines Blutgerinnsels insgesamt eher gering ist und Faktoren wie Übergewicht, Rauchen und Immobilität über einen längeren Zeitraum das Risiko erhöhen.

Die Auswertung der GKV-Daten zeigt auch regionale Unterschiede bei der Verordnung der risikoreicheren Präparate. Bremen steht mit einem Verordnungsanteil von 49 Prozent im Jahr 2017 am besten da, gefolgt von Hamburg mit 51,7 Prozent und Hessen mit 53,3 Prozent. Schlusslichter in dieser Auswertung sind Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und das Saarland: Hier lag der Anteil der risikoreicheren Pillen im vergangenen Jahr jeweils bei etwa 59 Prozent.

Den größten Rückgang bei der Verordnung dieser Präparate gab es in den letzten fünf Jahren ebenfalls in Hamburg im Jahr 2012 waren es dort nämlich noch etwa 66 Prozent, 2017 wie gesagt knapp 52 Prozent. In Bayern nahm der Anteil verordneter risikoreicherer Präparate von knapp 70 Prozent auf 55 Prozent ab. (eb)

Faktenbox hilft

  • Kurz und verständlich informiert die AOK-Faktenbox "Kombinierte hormonelle Verhütungsmittel" über den Nutzen und die möglichen Risiken der verschiedenen Pille-Varianten.
  • Zu 19 weiteren Themen gibt es solche Faktenboxen. Unter anderem zur Frage, ob man Kinder impfen lassen sollte.
  • Die Faktenboxen können kostenfrei übers Internet heruntergeladen werden: www.aok.de/faktenboxen
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