Vorratsdaten

Wohl kein generelles Speicherstopp

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LUXEMBURG. Datenschützer in Europa können nicht auf einen generellen Stopp der Vorratsdatenspeicherung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) hoffen. Grundsätzlich erlaube das EU-Recht die generelle Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Verbrechensbekämpfung, stellte ein Generalanwalt des EuGH am Dienstag in Luxemburg klar. Die nationalen Gesetzgeber müssten die Datensammlung aber an strenge Voraussetzungen knüpfen.

Der EU-Gutachter verlangte eine strenge Verhältnismäßigkeit. Die Vorratsdatenspeicherung sei nur zur Bekämpfung schwerer Kriminalität gerechtfertigt. Außerdem müsse sie "absolut notwendig" sein. Das heißt, Ermittler dürfen keine anderen Möglichkeiten haben, die genauso wirksam sind und gleichzeitig die Grundrechte weniger beeinträchtigen.

Die nationalen Gerichte müssten zudem prüfen, ob die Vorteile solcher Datensammlungen die Gefahren für eine demokratische Gesellschaft überwiegen. Immerhin entstehe die Möglichkeit, eine "Kartografie des Privatlebens einer Person" zu erstellen und "eine ganze Bevölkerung zu katalogisieren".

Die Verfahren vor dem EuGH waren von Gerichten aus Schweden und Großbritannien angestoßen worden. Sie wollen wissen, wie nationale Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung zu behandeln sind, nachdem der EuGH die zugrundeliegende EU-Richtlinie 2014 für ungültig erklärt hatte.

Die Luxemburger Richter störten sich damals daran, dass die Speicherpflicht nach der EU-Richtlinie in vielerlei Hinsicht zu weit ging. Gleichzeitig verwarfen aber auch sie das Prinzip der Vorratsdatenspeicherung nicht komplett.

In Deutschland hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 2010 eine nationale Regelung verworfen, die auf der EU-Richtlinie basierte. Im Dezember 2015 trat ein neues Gesetz in Kraft. Danach sind Telekommunikationsunternehmen verpflichtet, spätestens ab Juli 2017 Telefon- und Internetdaten für zehn Wochen aufzubewahren.

Standortdaten bei Handy-Gesprächen sollen vier Wochen gespeichert werden, Daten zum E-Mail-Verkehr nicht.Gegen das Gesetz sind in Karlsruhe mehrere Verfassungsbeschwerden anhängig.

Erste Eilanträge für eine Aussetzung der Speicherpflicht wurden abgelehnt.Ein Urteil des EuGH (Rechtssache C-203/15 und C-698/15) wird es erst in den kommenden Monaten geben. Die Einschätzung des Generalanwalts ist dabei nicht bindend, meistens folgen die Richter ihm aber. (dpa)

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