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Hüft- und Knieoperationen

Höhere Fallzahl bei Gelenkersatz von Knie und Hüfte steigert Qualität

Versorgungsdaten belegen nun: Je häufiger der Wechsel einer Hüft- oder Knieprothese in einer Klinik durchgeführt wird, desto seltener kommt es zu Komplikationen und Todesfällen.

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Kliniken mit Hüft- und Knieprothesenwechsel nach Fallzahlkategorie (WidO-Zahlen 2017): Es gibt nur wenige Kliniken mit vielen Prothesenwechseln.

Kliniken mit Hüft- und Knieprothesenwechsel nach Fallzahlkategorie (WidO-Zahlen 2017): Es gibt nur wenige Kliniken mit vielen Prothesenwechseln.

© Florian Schuh/dpa / Grafik: Ärzte Zeitung

Berlin. Bei jedem siebten Wechsel einer Hüftprothese muss innerhalb eines Jahres neu operiert werden. 2,6 Prozent der Patienten, die zwischen 2014 und 2016 eine solche Wechsel-Op über sich ergehen lassen mussten, verstarben innerhalb von 90 Tagen nach dem Eingriff. Dabei gab es in Kliniken, die nur wenige Operationen pro Jahr durchführten, höhere Komplikations- und Sterblichkeitsraten als in den Krankenhäusern mit hohen Fallzahlen – dies gilt auch für Knieprothesen-Wechsel, so das Ergebnis zweier Studien des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), die im „Journal of Arthroplasty“ veröffentlicht worden sind.

So lag die Revisionsrate bei den Hüftprothesenwechseln in Kliniken mit jährlich zwölf oder weniger Fällen um ein Viertel höher als in Kliniken mit mindestens 53 Fällen pro Jahr, die Sterblichkeitsrate lag sogar um 113 Prozent höher. Auch in Kliniken mit 13 bis 24 Eingriffen pro Jahr waren die Komplikationsraten um 18 bzw. 79 Prozent erhöht.

Rund 17.800Eingriffe ausgewertet

In die aktuelle Auswertung zum Hüftprothesenwechsel sind anonymisierte Daten aus rund 17.800 aseptischen Wechsel-Op eingeflossen, die zwischen 2014 und 2016 bei mehr als 16.300 AOK-Versicherten stattfanden.

Bei den Knieprothesenwechseln sieht es nicht viel besser aus. Hier hat das WIdO die Daten von rund 23.600 aseptischen Wechsel-Op zwischen 2013 und 2017 bei knapp 21.600 Patienten ausgewertet. Die Gesamtrate der Fälle, in denen innerhalb eines Jahres eine erneute Op notwendig war, lag bei 8,5 Prozent.

In Kliniken mit hohen Fallzahlen (mehr als 53 Op pro Jahr) war die Revisionsrate mit 7,4 Prozent deutlich niedriger als in Kliniken mit niedrigen Fallzahlen (weniger als 12 Op pro Jahr), die eine Revisionsrate von 9,4 Prozent aufwiesen. Das entspricht laut WIdO einer Risikoerhöhung um das 1,44-fache. Dabei war das Risiko für unerwünschte Ereignisse wie Blutungen oder Infektionen in der Gruppe der Kliniken mit den höchsten Fallzahlen (2,4 Prozent) ebenfalls geringer als in der Gruppe der Kliniken mit den niedrigsten Fallzahlen (3,4 Prozent).

„Der Wechsel eines künstlichen Hüft- oder Kniegelenks ist ein komplexer medizinischer Eingriff, der viel operative Erfahrung und spezielle medizinische Logistik erfordert“, so Studien-Mitautor und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Professor Andreas Halder. Dennoch werden viele dieser Wechsel-Operationen in Kliniken durchgeführt, die eine solche Op maximal einmal im Monat vornehmen. Im Jahr 2017 wurden in mehr als 1100 Kliniken Hüftprothesen gewechselt. Davon machten 537 Kliniken diese Operation aber eben höchstens zwölf Mal im Jahr.

Die Einführung von gesetzlichen Mindestmengen für die Prothesenwechsel an Hüfte und Knie ist überfällig.

Jürgen Klauber, WIdO-Geschäftsführer

Bei den Knieprothesen-Wechseln fallen 621 der insgesamt rund 1000 Kliniken, die Wechseloperationen durchführen, in diese Kategorie. Nur 213 Kliniken führten 25 bis 52 Hüftprothesen-Wechsel durch, bei den Knieprothesen-Wechseln waren es sogar nur 140 Kliniken. Mindestens 53 Wechsel wiesen bei den Hüftprothesen immerhin noch 102 Kliniken auf, bei den Knieprothesen waren es hingegen lediglich 42 Kliniken.

Mindestmengen gefordert

„Diese planbaren Operationen werden nach dem Aufschub infolge der Coronavirus-Pandemie jetzt schrittweise wieder vermehrt durchgeführt“, sagt Halder. „Die Studien zeigen, dass ein Prothesenwechsel in Kliniken mit höheren Fallzahlen seltener mit Komplikationen verbunden ist und daher in spezialisierten Zentren erfolgen sollte“, so seine Forderung.

Laut WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber sollten zudem die aktuellen Mindestmengen-Regelungen ausgeweitet werden. „Die Einführung von gesetzlichen Mindestmengen für die Prothesenwechsel an Hüfte und Knie ist überfällig“, sagt er. Es sei unverständlich, dass nur für die deutlich komplikationsärmere Erstimplantation einer Knieprothese in Deutschland seit 2004 eine gesetzliche Mindestmenge von 50 Eingriffen gilt. Hier müsse dringend nachgebessert werden. Mindestmengen werden allerdings vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) erlassen.

In spezialisierten Zentren wie dem EndoProthetikZentrum (EPZ) sowie dem Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung (EPZmax) der DGOOC gelten bereits heute Mindestmengen für Wechsel-Op. So müssen in einem EPZmax mindestens 50 Wechseloperationen pro Jahr durchgeführt werden. „Damit entspricht auch der Prothesenwechsel in den EndoCert®-zertifizierten Zentren hohen Qualitätsstandards“, sagt Professor Dieter C. Wirtz, DGOOC-Präsident und Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn. (eb)

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