„Gesundheitsatlas“

Mehr Diabetiker auf dem Land

Fast jeder zwölfte Einwohner Deutschlands ist von Diabetes Typ 2 betroffen. Die regionalen Unterschiede sind beträchtlich. Die östlichen Bundesländer sind stärker von der Volkskrankheit betroffen – ebenso die ländlichen Regionen.

Von Taina Ebert-Rall Veröffentlicht:

Berlin. Von den 82,7 Millionen Einwohnern Deutschlands sind insgesamt 7,1 Millionen Menschen an Typ-2-Diabetes erkrankt. Die Zahlen stammen aus dem „Gesundheitsatlas Diabetes Typ 2“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der die regionale Verteilung der Volkskrankheit betrachtet.

Nach den Daten für das Jahr 2017 fallen in Hamburg und Schleswig-Holstein die Erkrankungsraten mit 6,4 beziehungsweise 7,3 Prozent am niedrigsten aus. Die östlichen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weisen dagegen verhältnismäßig hohe Raten von jeweils mehr als 11,5 Prozent auf und liegen damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 8,6 Prozent.

Noch deutlicher als auf der Ebene der Bundesländer sind die regionalen Unterschiede bei den Kreisen und kreisfreien Städten ausgeprägt: Die Erkrankungsraten reichen hier von 4,8 Prozent in Heidelberg bis zu 15,4 Prozent in der brandenburgischen Prignitz und von 12,4 Prozent im Kreis Hof in Bayern, der damit von den Kommunen in Westdeutschland am stärksten betroffen ist.

Auch in einigen Kreisen des Saarlands, von Rheinland-Pfalz, Nordbayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen zeigen sich Erkrankungsraten, die deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen, wie das WIdO mit seinem innovativen Hochrechnungsverfahren auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten ermittelt hat.

Städtevergleich: Essen Schlusslicht

In einem Vergleich zwischen den deutschen Großstädten ab einer halben Million Einwohnern belegt München mit einem Diabetikeranteil von sechs Prozent den niedrigsten Rang. Auch Hamburg, Bremen und Berlin liegen allesamt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Essen ist mit einem Diabetikeranteil von 9,7 Prozent am stärksten betroffen.

Von den 7,1 Millionen Menschen mit Diabetes Typ 2 sind mehr als die Hälfte über 70 Jahre alt. In den Altersgruppen zwischen 80 und 90 Jahren sind über ein Drittel der Frauen und Männer betroffen. Dementsprechend ist die Krankheit in Regionen mit mehr älteren Einwohnern auch stärker verbreitet.

Zudem zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Adipositas unter den Einwohnern einer Region und der Erkrankungsrate. Gebiete, in denen bei wenigen Einwohnern eine Adipositas vorliegt, haben durchschnittlich eine Diabeteshäufigkeit von 7,2 Prozent. Hingegen sind in Regionen, in denen mehr Bürger adipös sind, 11,5 Prozent der Einwohner an Typ-2-Diabetes erkrankt.

Auch sind Menschen in ländlichen Regionen häufiger an Typ-2-Diabetes erkrankt als in städtischen Regionen. So leiden 7,6 Prozent der Einwohner in kreisfreien Großstädten mit mehr als 500 000 Einwohnern unter der Erkrankung. Der Vergleichswert in dünn besiedelten ländlichen Kreisen liegt bei 10,1 Prozent.

Das neue Hochrechnungsverfahren für den Gesundheitsatlas wurde vom WIdO in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt. Es erlaubt auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen zu Krankheitshäufigkeiten in der Gesamtbevölkerung bis auf die regionale Ebene.

Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit werden dabei durch ein neues statistisches Verfahren herausgerechnet. Erklärtes Ziel dieser Analysen ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informationen über das Krankheitsgeschehen in ihrer Region bereitzustellen.

Erkrankungsrisiko oft unterschätzt

Die Gefahr an Diabetes zu erkranken, ist Experten zufolge deutlich höher, als viele Betroffene denken. In einem bundesweiten Befragungssurvey des Robert Koch-Instituts (RKI) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) schätzten fast 80 Prozent der Befragten, die laut Testergebnis ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes aufwiesen, ihr Erkrankungsrisiko selbst als gering ein.

Ein europaweites Ranking der Typ-2-Diabeterraten, das 28 EU-Staaten vergleicht, zeigt, dass Deutschland im oberen Drittel rangiert. Die Diabetikerrate in den Niederlanden ist nach Auskunft des stellvertretenden Geschäftsführers des WIdO, Helmut Schröder, ein Drittel geringer und in Belgien nur halb so hoch. Mit dem Aktionsplan zur Prävention und Kontrolle nicht übertragbarer Krankheiten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Region fokussiert das Thema Diabetes.

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