Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Forsa-Ernährungsumfrage

Mehr Erbsen für Klima und Gesundheit?

Großer Wille, wenig Wissen: Einer aktuellen Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes zufolge würden sich 68 Prozent der Menschen gerne nachhaltiger ernähren. Doch nur rund ein Viertel der Bevölkerung kennt die Vorteile von Fleischverzicht.

Von Frank Brunner Veröffentlicht:
Knapp jeder dritte Bundesbürger isst bereits vermehrt Erbsen, Bohnen oder  Linsen, um den Körper mit Proteinen zu versorgen. Fleisch braucht es dafür also nicht unbedingt.

Knapp jeder dritte Bundesbürger isst bereits vermehrt Erbsen, Bohnen oder Linsen, um den Körper mit Proteinen zu versorgen. Fleisch braucht es dafür also nicht unbedingt.

© dangolimage / stock.adobe.com

Auf den Besuch des Ministers hatten sich die Herren vom Bundesverband der Deutschen Ernährungsindustrie bestens vorbereitet. Am Eröffnungstag der Grünen Woche in Berlin ließen sie einen Starkoch auftreten, der in einer Pfanne Pasta mit Gemüsebolognese fusionierte; am Drehspieß nebenan rotierte ein Döner aus entwaldungsfreiem Soja und um den Herd herum rankte frischer Rosmarin Richtung Messehallendecke. Cem Özdemir, bekennender Vegetarier und in der Bundesregierung verantwortlich für Ernährung und Landwirtschaft, sagte: „Das machen wir jetzt überall in Deutschland, in jeder Schule, damit die Kinder kochen lernen und wissen, woher die Lebensmittel kommen.“ Nachhilfe in Sachen Ernährung ist offenbar dringend nötig.

Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes weiß nur rund ein Viertel der Bevölkerung (27 Prozent), dass der reduzierte Konsum von Fleisch oder Milchprodukten den stärksten Effekt auf das Klima hat. Dabei würden sich 68 Prozent gerne nachhaltiger ernähren.

Oliver Huizinga, Experte für Ernährung beim AOK-Bundesverband, erklärt: „Viele Menschen sind motiviert, sich gesünder und nachhaltiger zu ernähren, es fällt ihnen im Alltag aber schwer, das umzusetzen.“ Bei der Ernährung gelte: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz. „Weniger Fleisch und Milchprodukte, dafür mehr Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte – das kommt sowohl der Gesundheit als auch dem Klima zugute“, sagt Huizinga.

Nicht nur eine Frage des Geldes

Rückblick: Mitte Januar verabschiedete die Bundesregierung ihre Ernährungsstrategie „Gutes Essen für Deutschland.“ Bis 2050 sollen unter anderem Qualitätsstandards ein reichhaltigeres Angebot an pflanzenbasierten Mahlzeiten in Schulen, Kitas und Krankenhäusern garantieren. Ein Grund: Ungesunde Ernährung soll rund 14 Prozent aller Todesfälle verursachen. Ernährungsmediziner raten deshalb zu zurückhaltendem Fleischkonsum.

Denn Fleischprodukte erhöhen das Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und für bestimmte Krebsarten, vor allem Darmkrebs. Zudem ist für tierische Lebensmittel ein hoher Ressourceneinsatz nötig. Darunter Wasser, fruchtbare Böden, aber auch fossile Energie. Für die Fleischproduktion werden weltweit rund 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen genutzt, darunter 67 Prozent Gras- und Weideland.

Ein Kilo Schnitzel pro Woche und Einwohner

In Deutschland verbraucht jeder Einwohner durchschnittlich pro Woche ein Kilogramm Schnitzel, Schinken, Steak und Co. Einerseits der niedrigste Wert seit 1989. Andererseits immer noch deutlich über den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die zu wöchentlich maximal 600 Gramm Fleisch rät. Ernährungsminister Özdemir erklärte, dass „leckeres, gesundes und nachhaltiges Essen nicht vom Geldbeutel abhängen“ dürfe. Doch neben fehlenden finanziellen Möglichkeiten mangelt es manchen Menschen auch an Wissen, wie die AOK-Umfrage belegt. So glauben 29 Prozent der Befragten fälschlicherweise, dass nur tierische Produkte den Körper mit ausreichend Eiweiß versorgen.

Dabei können Konsumenten den Eiweißbedarf auch sehr gut durch Hülsenfrüchte decken. Knapp jeder Dritte (31 Prozent) isst bereits vermehrt Bohnen, Linsen oder Erbsen, um den Körper mit Proteinen zu versorgen. „Hülsenfrüchte sind ein gutes Beispiel für die Regel: Was gut für das Klima ist, ist oft auch gut für die Gesundheit“, so AOK-Experte Huizinga. Hülsenfrüchte seien ballaststoffreiche Eiweißlieferanten und besonders klimafreundlich, da sie Stickstoff aus der Luft binden und für die eigene Düngung verfügbar machten.

Wie wäre es mit einem Klima-Score?

Doch woraus resultiert die Differenz zwischen Wollen und Können? Laut der Befragung fehlt jedem Zweiten (56 Prozent) eine aussagekräftige Kennzeichnung klimafreundlicher Nahrungsmittel, um Kaufentscheidungen treffen zu können. 76 Prozent finden, dass sich die Politik für eine verpflichtende und verständliche Lebensmittelkennzeichnung zum Klimaschutz einsetzen sollte. Mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Bevölkerung plädieren dafür, dass die Politik gesunde Lebensmittel niedriger besteuern sollte.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, sieht deshalb Handlungsbedarf. „Wenn wir wollen, dass Menschen sich nicht nur gesund, sondern auch klimaschonend ernähren, müssen wir die hierfür notwendigen Voraussetzungen schaffen“, betont sie. Anfangen sollte man dort, wo die Entscheidungen getroffen werden: beim Einkauf. „Ein Label, mit dem Verbraucherinnen und Verbraucher Lebensmittel ganz einfach nach klimafreundlich und klimaschädlich unterscheiden können, wäre ein erster wichtiger Schritt.“ Leider folge die Bundesregierung nicht den Empfehlungen des Bürgerrats, kritisiert Reimann. Dieser hatte eine verpflichtende Kennzeichnung gefordert, die über Gesundheit, Klima und Tierhaltung informiert.

Die AOK-Gemeinschaft hatte im Januar eine Kampagne zur klimafreundlichen Ernährung gestartet. Mehr Informationen: https://www.aok.de/pk/thema/klimafreundliche-ernaehrung/

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