Praxismanagement

Mit Biomarkern auf der Suche nach dem adhärenten Patienten

Die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist immer ein Testen von Methoden, wie Patienten zu einem gesünderen Verhalten zu motivieren sind. Dabei kann auch das Labor eine Rolle spielen. Kardiologe Dr. Klaus Edel probiert mit Erfolg immer wieder etwas Neues aus.

Von Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Dr. Klaus Edel zeigt den „Fragebogen für den Herzschwäche-Selbsttest“, den er selbst entwickelt hat. (Archivbild)

Dr. Klaus Edel zeigt den „Fragebogen für den Herzschwäche-Selbsttest“, den er selbst entwickelt hat. (Archivbild)

© Marco Hübner

Rotenburg/Fulda. Dr. Klaus Edel ist ein Tüftler. Der Kardiologe, der in der Klinik für Kardiologie in Rotenburg an der Fulda arbeitet, tüftelt allerdings nicht an Maschinen herum, um sie zu optimieren, sondern an Methoden zur Erkennung von Herz-Kreislauferkrankungen – oder auch, um zu erkennen, wie adhärent ein Patient ist.

Mit seinen Ideen hat sich Edel bereits mehrfach um den Erfolgs-Rezept Praxis-Preis beworben, der seit 2011 gemeinsam von Apontis Pharma und der Fachverlagsgruppe Springer Medizin jährlich ausgelobt wird. Vor einigen Jahren gewann er einen Preis, nachdem er einen Fragebogen entwickelt hatte, der dazu beitragen kann, Herzinsuffizienz in einem frühen Stadium zu erkennen.

Biomarker für Adhärenz?

Im vergangenen Jahr experimentierte Edel gerade mit dem Laborwert NT proBNP herum: Könnte der Biomarker, der unter anderem bei Verdacht auf Herzinsuffizienz eingesetzt wird , nicht auch anzeigen, wie gut der Blutdruck eines Patienten insgesamt eingestellt ist und wie adhärent dieser bei der Einnahme seiner Medikamente ist? „Der NT proBNP reagiert sensibel auf hohen Blutdruck, er zeigt an, wenn das Herz unter Druck ist. Ich wollte einmal ausprobieren, ob er nicht als eine Art HBA1c für die Blutdruckeinstellung nutzbar wäre.“ Mit der Idee bewarb er sich um den Praxis-Preis und schaffte es wieder unter die Top 10 der Bewerber.

Inzwischen hat Edel weiter geforscht und hat festgestellt: „Es funktioniert nicht. Letztlich ist der Biomarker nicht sensitiv genug für Bluthochdruck. Es gibt zu viele Störfaktoren für eine schlechte Einstellung, und letztlich spiegelt der Wert bedingt durch die Halbwertszeit die Ausschüttung des Eiweißes in den letzten 48 Stunden wider“, erläutert Edel. Er ist aber nicht traurig über dieses Ergebnis. „Die Forschung geht ihren Weg, und dazu gehört es auch, Hypothesen zu widerlegen und dann wieder etwas Neues zu versuchen“, sagt der Kardiologe.

Die NT proBNP Bestimmung setzt Edel natürlich weiterhin als Indikator ein. „Bei 125 pg/ml darf er liegen, kommt dagegen ein Wert um die 800 heraus, dann gibt es auf jeden Fall ein Problem, zum Beispiel Vorhofflimmern.“

Klinik zahlt unter zehn Euro

Auch in der Klinik arbeitet der Kardiologe nicht im luftleeren Raum, die Kosten der Diagnostik spielen schon eine Rolle bei seinen Entscheidungen. Die Klinik zahle für eine NT proBNP Bestimmung im Großgerät weniger als zehn Euro. „Wenn es eine medizinische Erkenntnis gibt aus dem Test, dann machen wir das auch.“

Warum der Spezial-Labortest bei Auftrag an ein Labor in der ambulanten Medizin deutlich höher bewertet ist – und damit auch den Wirtschaftlichkeitsbonus schmälern kann, erschließt sich dem Kardiologen nicht. Die Bewertung des Biomarkers im EBM liegt bei 19,40 Euro.

Die Forschung geht ihren Weg, und dazu gehört es auch, Hypothesen zu widerlegen und dann wieder etwas Neues zu versuchen.

Dr. Klaus Edel, Kardiologe, Chefarzt an der Klinik für Kardiologie in Rotenburg an der Fulda

In Rotenburg macht Edel mit seiner Privatambulanz vor allem Primär- und Sekundärprävention gegen Herzinfarkt und Schlaganfall. Viele seiner Patienten seien Angestellte der Feuerwehr und Polizisten, die in Hessen überwiegend beamtet seien. Das Einzugsgebiet erstrecke sich vom nördlichen Bayern und Osthessen bis ins Rhein-Main-Gebiet.

Multimedikation ohne Prüfung

Dabei arbeitet Edel viel mit Labor, vom Plaque-Test zur Ermittlung des Risikos einer Plaque-Ruptur über die Langzeitprognose per NT proBNP, Entzündungslast über hochsensitives CRP bis hin zur Untersuchung von Wirkspiegeln von Medikamenten, um zu überprüfen, ob die Patienten ihre Medikamente überhaupt nehmen. Teilweise nähmen Patienten unglaublich viele Tabletten gegen Bluthochdruck ein (jüngstes Beispiel: 12 Tabletten).

Es werde, wenn der Blutdruck nicht sinkt, immer noch ein Präparat draufgesetzt, obwohl es vielleicht daran liegt, dass der Patient nicht adhärent ist. Edel analysiert in diesen Fällen, welche Präparate der Patient tatsächlich nimmt und optimiert dann die Therapie nach aktuellen Erkenntnissen aus der Hypertensiologie. „Teilweise lässt sich die Tablettenlast um die Hälfte reduzieren“, so seine Erfahrung.

Die allgemeinen Risiko-Scores wie Procam seien ihm zu ungenau. „Mit einer Aussage ‚Sie haben eine Wahrscheinlichkeit von drei Prozent für ein kardiales Ereignis in den nächsten zehn Jahren‘ kann ein Patient nichts anfangen. Er braucht feste Anhaltspunkte, wie krank er tatsächlich ist, damit er seinen Lebensstil ändert“, sagt Edel.

Eine andere Innovation, für die Edel 2016 einen der drei Praxispreise eingeheimst hatte, kommt derweil gut voran: Der Selbsttest auf Herzinsuffizienz auf einem Fragebogen, den Edel entwickelt hat. Bei der Herbsttagung der Kardiologen hat er den Bogen vorgestellt, zuvor ist er in mehreren Herzinsuffizienz-Ambulanzen und in einem Ärztenetz getestet worden. Gerade ist daraus eine App für Patienten entstanden. Der Kardiologe hofft auch, dass Hausärzte den Fragebogen bald regelmäßig für Patienten über 50 einsetzen, um Herzinsuffizienz früher als bisher zu detektieren und so besser behandeln zu können. „Fällt der hinter dem Fragebogen hinterlegte Score nicht gut aus, wird der Patient schneller zum Kardiologen zur weiteren Diagnostik überwiesen – das könnte Menschenleben retten“, so Edel. Gute Innovationen, meint er, setzen sich am Ende auch durch.

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