Humedica

Ebola-Hilfsflug auf dem Weg nach Liberia

Die Hilfsorganisation Humedica schickt Hilfsgüter in die Ebola-Gebiete. Der erste Flieger hat 45 Tonnen Fracht an Bord und ist am Montag von München gestartet.

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Ärztin Sabine Kirchner aus Stollberg in Sachsen wird die Güter von Humedica nach Monrovia begleiten.

Ärztin Sabine Kirchner aus Stollberg in Sachsen wird die Güter von Humedica nach Monrovia begleiten.

© Stoscheck

MÜNCHEN/ERDING. Der erste zivile Hilfsgüterflug von deutschem Boden ist am Montag vom Münchner Flughafen abgehoben. Das Ziel des Fliegers: Monrovia in Liberia.

Ein halbes Dutzend Fernsehteams und ebenso viele Rundfunkreporter und Fotografen hatten sich am Montagvormittag auf dem Rollfeld des Frachtbereichs des Münchner Flughafens versammelt, um auf die Ankunft des Hilfsfliegers zu warten. Etwa 25 Paletten mit Hilfsgütern standen auf dem Rollfeld bereit und warteten auf die Verladung.

Das Charterflugzeug, das vor seinem Flug von Brüssel nach München bereits aus Afrika kam, hat rund 45 Tonnen Hilfsgüter an Bord. Der Großteil der Hilfsgüter wurde über Spenden finanziert.

Das Material von Humedica aus Kaufbeuren im Allgäu soll den Menschen in dem westafrikanischen Land, das besonders unter der Ebola Seuche leidet, vor allem Schutz vor einer Erkrankung bieten, um so eine Ausbreitung zu verhindern.

Bedarfsliste der UN-Mission

Die Lieferung basiert auf einer Bedarfsliste, die das Gesundheitsministerium von Liberia zusammen mit der UN-Mission für Liberia zusammengestellt hat. Etwa vier Tonnen der Fracht wurden von der action medeor gespendet.

Das Flugzeug vom Typ McDonnell Douglas MD 11-F, eines der größten Frachtflugzeuge, bringt vor allem Schutzkleidung für Ärzte, Krankenschwestern und Angehörige, Desinfektionsmittel sowie Infusionslösungen für Erkrankte und anderes medi-zinisches Equipment.

Mit an Bord sind auch die Ärztin Sabine Kirchner aus Stollberg in Sachsen und der Koordinator Raphael Marcus aus München. Der Charterflug ist nach Angaben von Humedica nur die erste Lieferung.

Weitere Hilfsgüter sollen mit dem Schiff nach Liberia gebracht werden. Auch der Einsatz weiterer medizinischer Hilfskräfte werde derzeit diskutiert, hieß es.

Sie werde nicht direkt in der Behandlung von Erkrankten tätig sein, sondern vor allemdie Helfer vor Ort im Umgang mit der Seuche schulen, erklärte Sabine Kirchner vor ihrem Abflug nach Monrovia. "Jeder Einsatz ist anders, ich weiß nicht, was uns konkret erwartet", sagte sie der "Ärzte Zeitung".

"Immer schwieriger zu kontrollieren"

Ebola sei eine "furchtbare Erkrankung, die immer schwieriger zu kontrollieren ist", erklärte HumedicaGeschäftsführer Wolfgang Groß.

Der jüngste Hilferuf der liberianischen Präsidentin mache deutlich, wie verzweifelt die Situation in dem Land ist. Die Planungen für den Hilfsgüterflug laufen nach seinen Angaben bereits seit einigen Wochen.

Er sei froh, dass es gelungen sei, diese wichtige Lieferung auf den Weg zu bringen, erklärte Groß. Weitere Hilfen seien notwendig.

Die von der Hilfsorganisation nach Liberia entsandten Hilfskräfte werden nicht nur die Abwicklung der Hilfslieferungen überwachen, sondern vor Ort die Mitarbeiter von Partnerorganisationen im Kampf gegen Ebola unterstützen.

Dazu gehört auch die US-amerikanische Organisation Medical Teams International (MIT), die bereits seit einigen Monaten in mehr als 90 Krankenhäuser des Landes tätig ist und sich darum bemüht Stutkuren und Standards im Kampf gegen Ebola zu etablieren.

Bundeswehrtransport gestrandet

Unterdessen ist bekannt geworden, dass bereits am Freitag eine Transall-Transportmaschine der Bundeswehr auf dem Weg zum Ebola-Hilfseinsatz im Senegal defekt auf Gran Canaria liegen geblieben ist, wie ein Sprecher der Luftwaffe am Montag bestätigte.

Eine Ersatzmaschine mit Technikern für die Reparatur sei nun auf die Kanaren-Insel geschickt worden. Diese Maschine soll dann auch in den Senegal weiterfliegen und dort für die Luftbrücke in die Ebola-Gebiete in Liberia, Guinea und Sierra Leone zur Verfügung stehen.

In Westafrika sollen sich zwei Transall-Maschinen zusammen mit französischen und amerikanischen Flugzeugen an der Luftbrücke beteiligen. Sie sollen Hilfsgüter in das Krisengebiet bringen. Dazu werden rund 100 Soldaten in der senegalesischen Hauptstadt Dakar stationiert.

Leistungen fließen nur langsam

Zahlreiche Helfer versuchen, den Ebola-Ausbruch in Westafrika zu bekämpfen - doch ihnen fehlen oft die nötigen Mittel. Seine Meinung über die weltweite Ebola-Hilfe bringt Sierra Leones Präsident Ernest Bai Koroma so auf den Punkt: "Die nationalen und internationalen Reaktionen sind unzureichend."

Sein Land ist besonders vom Virus betroffen. Trotz Hilfsversprechen von allen Seiten kommen nicht genügend Mittel und Helfer in den am stärksten betroffenen Regionen in Westafrika an, beklagen auch UN-Organisationen.

Dabei vergeht kaum ein Tag, an dem keine neuen Hilfen versprochen werden. Regierungen, Finanzinstitutionen und Wohltätigkeitsfonds haben Hunderte Millionen Dollar zugesagt. Großspender sind unter anderem die Weltbank, die USA, die Afrikanische Entwicklungsbank, die EU oder der UN-Notfallfonds CERF.

Auch private Spender sind darunter: Die Stiftungen der Microsoft-Gründer Bill Gates und Paul Allen spendeten umgerechnet 19 Millionen Euro und versprachen weitere 35 Millionen Euro.

Am vergangenen Donnerstag versuchte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York mehr Hilfsgelder zu mobilisieren. Die Weltbank erhöhte ihre Zusage von 230 auf 400 Millionen Dollar (rund 312 Millionen Euro).

Die Europäische Union kündigte an, ihre Hilfen um 30 Millionen auf 180 Millionen Euro aufzustocken. Die USA hatten Mitte September insgesamt 170 Millionen Dollar (133 Millionen Euro) zugesagt. Der Weltwährungsfonds (IWF) stellte 130 Millionen Dollar (102 Millionen Euro) zur Verfügung.

Doch eine bedeutende Lücke klafft weiter. Denn bereits Mitte September schätzte die UN, dass allein in den kommenden sechs Monaten insgesamt etwa 988 Millionen Dollar benötigt werden, um Ebola und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen des Virus in Liberia, Sierra Leone und Guinea zu bekämpfen. Viele Experten gehen davon aus, dass die Seuche viel länger andauern wird.

Britischer Arzt jetzt Chefkoordinator für Ebola-Einsatz

Mindestens 15 UN-Organisationen und private Hilfsorganisationen wie "Ärzte ohne Grenzen" und das Rote Kreuz sind am Kampf gegen Ebola beteiligt.

Ban hat den britischen Arzt David Nabarro zum UN-Chefkoordinator für den Ebola-Einsatz gemacht und eine UN-Mission sowie einen Treuhandfonds geschaffen, die Hilfseinsätze bündeln und die Spendensammlung verbessern sollen. Es dauere aber zu lange, bis Versprechen umgesetzt werden, Gelder fließen und dort ankommen, wo sie benötigt werden, sagen UN-Mitarbeiter.

Das Welternährungsprogramm WFP etwa hatte bis Dienstag nur 13 Prozent der 126,9 Millionen Dollar erhalten (99,5 Millionen Euro), die die Organisation aus dem Ebola-Fonds bekommen sollte. Das WFP musste daher eigene Mittel für seinen Einsatz aufwenden.

Ohne weitere Hilfsgelder drohe Ende Oktober ein Zusammenbruch der Nahrungsmittellieferungen, sagte WFP-Sprecherin Elisabeth Byrs in Genf.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe derzeit nur sehr begrenzt Mittel zur Verfügung, sagt WHO-Sprecherin Margaret Harris. "Wir haben wirklich nicht sehr viel in der Kasse."

Es würden zwar mehr Hilfsgelder fließen, aber die WHO könnte besser helfen, wenn die versprochenen Spenden schneller ankämen. "Wir könnten viel mehr Leute anstellen und viel mehr tun", erklärt Harris.

Ärzte weiterhin gesucht

In Guinea und Sierra Leone fehlen nach WHO-Angaben beispielsweise zusätzliche Behandlungszentren mit Tausenden Krankenhausbetten.

In Liberia gibt es nur für jeden sechsten Infizierten einen Klinikplatz. Laut dem US-Zentrum für Seuchenkontrolle (CDC) müssten aber mindestens 70 Prozent der Kranken behandelt werden, um die Epidemie in den Griff zu kriegen.

US-Präsident Barack Obama will Truppen in das Ebola-Gebiet entsenden, die beim Krankenhausbau helfen sollen. Neben Geld mangelt es vor allem an Helfern aus dem Gesundheitswesen. Bereits vor dem Ebola-Ausbruch gab es in den Ländern zu wenig medizinisches Personal, Hunderte Helfer steckten sich selbst an.

Kuba will 461 Ärzte, Schwestern und anderes Hilfspersonal nach Westafrika entsenden, China schickt ein Labor und 59 Experten. In Deutschland sucht Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei der Bundeswehr nach Freiwilligen für einen Ebola-Einsatz.

Es meldeten sich schon Tausende Menschen. Allerdings werden bis zu einem umfassenden Einsatz deutscher Helfer in Westafrika wegen aufwendiger Vorbereitungen noch mehrere Wochen vergehen. Bislang seien nur wenige ausländische Experten im Krisengebiet, sagt WHO-Sprecherin Harris.

Liberia: Vize-Ministerin für Gesundheit in Quarantäne

Indes hat sich Liberias Vize-Gesundheitsministerin Bernice Dahn selbst 21 Tage unter Quarantäne gestellt, nachdem ihr Büro-Assistent an Ebola gestorben ist, meldet "BBC News". Bisher habe sie keine Ebola-Symptome, aber sie wolle die empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen respektieren.

Außer zu ihrem Büromitarbeiter habe sie keinen Kontakt zu Ebola-Kranken gehabt. 21 Tage sind die maximale Inkubationszeit der Infektion. Medizinisches Personal hat ein hohes Ansteckungsrisiko.

Nach WHO-Angaben sind bereits 375 medizinische Helfer an Ebola erkrankt und 211 in Guinea, Liberia, Nigeria und Sierra Leone daran gestorben.

Unterdessen entwickeln das STAKOB-Trainingszentrum in Würzburg und das Robert Koch-Institut (RKI) ein Trainingsprogramm zur Schulung von medizinischem Personal in Westafrika über Ebola.

Das vom Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen eines Forschungsprojekts finanzierte Trainingsprogramm soll in Anrainerstaaten der derzeit betroffenen Länder Medizinpersonal ermöglichen, eine an Ebolafieber erkrankte Person (oder auch eine Verdachtsperson) zu erkennen, eine erste Versorgung vorzunehmen und gegebenenfalls adäquat in ein Behandlungszentrum zu verlegen.

Hierbei soll auch ein Train-the-Trainer-Programm mit den Partnern vor Ort zusammen erarbeitet werden, berichtet das RKI. Das Wissen soll so unabhängig vom deutschen Projektteam an weitere medizinische Helfer vermittelt werden. Es ist vorgesehen, dass das erste Team im Oktober 2014 nach Westafrika geht. (sto/bee/eis/dpa)

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