Erhöht Religion Bereitschaft zu Vorsorgeuntersuchung?

Von Matthias Lukasczik Veröffentlicht:

"Wie haltet Ihr's mit der Religion?" Kaum ein Patient wird in der Praxis wohl diese Frage erwarten. Ärzte wären dabei gar nicht so schlecht beraten, sie zu stellen - denn neuen psychologischen Studien zufolge haben Religion und Gesundheit mehr miteinander zu tun, als man meint.

So besteht Studien zufolge ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder dem subjektiven Stellenwert von Religion und der Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen wie Mammographie oder Cholesterinchecks. Maureen Benjamins vom Mount Sinai Hospital in Chicago hat diese Hypothese genauer untersucht ("Journal of Behavioral Medicine", 29, 2006, 69).

Bei über 4200 Frauen der Geburts-jahrgänge 1931 bis 1941 eruierte Benjamin, ob sie im letzten Jahr eine Mammographie oder einen Abstrich vornehmen ließen oder eine Brustselbstuntersuchung vorgenommen hatten. Dokumentiert wurden außerdem die Häufigkeit des Besuchs von Gottesdiensten, die Zugehörigkeit zu einer Glaubens- oder Religionsgemeinschaft sowie die Bedeutung, die der Glaube im Leben der Frauen hat.

Es zeigte sich: Frauen, die regelmäßig an Gottesdiensten teilnahmen, hatten eher Mammographien oder Abstriche vornehmen lassen als Befragte, die nie oder nur selten in die Kirche gegangen waren. Auch Brustselbstuntersuchungen wurden eher von Frauen gemacht, die häufig Gottesdienste oder religiöse Veranstaltungen besuchten. Aber auch andere Einflußgrößen waren wichtig. So nahmen verheiratete Frauen und solche, die ein höheres Einkommen und einen höheren Bildungsstand hatten, eher Vorsorgemaßnahmen in Anspruch. Berücksichtigt man dies, relativiert sich der Einfluß der Religion.

Der individuelle Stellenwert von Religion im Leben scheint für die Inanspruchnahme medizinischer Vorsorgeuntersuchungen wenig bedeutsam zu sein. Einzige Ausnahme: Frauen, für die der Glaube wichtig war, nahmen eher selbst Brustuntersuchungen vor als solche, für die Religion nicht wichtig war.

Inwiefern diese Befunde auf hiesige Verhältnisse übertragbar sind, bleibt fraglich. So haben religiöse Vorstellungen und Ansichten im gesellschaftspolitischen Diskurs in den USA einen anderen Stellenwert als in Deutschland. Deutsche Studien zu diesem Thema fehlen.

Mehr zum Thema

Steigende Zahlen

106.000 Abruptiones im Jahr 2023

Möglicher Langzeiteffekt bei älteren Frauen

Supplementation von Calcium und Vitamin D könnte Krebsmortalität senken

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom