Geistige Entwicklung nach IvF ist nicht gestört

DÜSSELDORF (ars). Kindern, die nach assistierter Reproduktion geboren werden, geht es insgesamt gut. Einige Einschränkungen gibt es trotzdem: So treten etwa Schwangerschaftskomplikationen oder Fehlbildungen häufiger auf als nach spontaner Konzeption.

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Zur assistierten Reproduktion (ART) gehören In-vitro-Fertilisation (IvF) und intrazytoplasmatische Spermien-Injektion (ISCI). Diese Verfahren bergen mögliche Gefahren für Eizelle, Spermium oder den entstehenden Embryo, wie Dr. Annika Ludwig von der Universität Lübeck bei einem Kongreß in Düsseldorf erläutert hat.

So beeinflußt die notwendige ovarielle Stimulation das Milieu im Follikel und die Struktur der Eizelle. Die Spermien wiederum könnten bei Männern mit eingeschränkter Fertilität vermehrt genetische Anomalien aufweisen oder bei der Präparation beeinträchtigt werden (Gynäkologische Endokrinologie 3/4, 2005, 251).

Die guten Nachrichten vorneweg: ART-Kinder bleiben trotz der Risiken nicht in ihrer mentalen und motorischen Entwicklung hinter spontan gezeugten Kindern zurück, verhalten sich nicht öfter auffällig und erkranken nicht häufiger an Krebs.

Kritisch jedoch ist bei der ART von vornherein die hohe Rate an Mehrlingsschwangerschaften, weil sie vermehrt mit Frühgeburt und niedrigem Geburtsgewicht einhergehen. Zur Vorbeugung dieser Schwangerschaftskomplikationen plädiert Ludwig dafür, nur einen einzigen Embryo einzupflanzen.

Gründe für die Nachteile sind oft schwer zu finden

Doch auch Einlingsschwangerschaften nach ART sind häufiger von Komplikationen begleitet als solche Schwangerschaften nach spontaner Konzeption: So ist das Risiko von perinataler Mortalität und Frühgeburt jeweils um das Doppelte, das eines Geburtsgewichts unter 1500 g sogar um das Dreifache erhöht.

Eine weitere Gefahr bei ART stellt das vermehrte Vorkommen großer Fehlbildungen dar. In einer Metaanalyse von 25 Studien ließ sich eine relative Zunahme um 30 Prozent nach IvF und ICSI im Vergleich zur spontanen Konzeption feststellen. Die Suche nach den Gründen wird dadurch erschwert, daß sich die beiden Gruppen von Frauen grundlegend - etwa in Alter und Erbanlagen - unterscheiden und daher in Studien kaum vergleichen lassen.

Neurologische Störungen treten gehäuft auf

Weiterhin kommen bei Kindern nach ART neurologische Störungen wie die Zerebralparese ungefähr doppelt so häufig vor wie bei der Vergleichsgruppe. Einige Studien belegen außerdem für IvF- und ICSI-Kinder eine erhöhte Inzidenz an chronischen Leiden, Kinderkrankheiten, Klinikaufenthalten und operativen Eingriffen.

Bei der Ursachenforschung ist nach Angaben von Ludwig unter anderem das Verhalten der Eltern zu berücksichtigen: Weil sie ihren Kinderwunsch nur mit Mühe erfüllen konnten, sind sie überbesorgt und bemühen sich besonders oft um ärztlichen Rat, was wiederum die Statistik in die Höhe treibt.

Darüber hinaus können zur Erklärung aller Nachteile das geringere Geburtsgewicht und Gestationsalter der IvF- und ICSI-Kinder beitragen. Ein weiterer unabhängiger Risikofaktor ist offenbar der unerfüllte Kinderwunsch selbst.

Zum Beispiel ist das Risiko von Fehlbildungen um 20 Prozent höher, wenn der Zeitraum bis zur Konzeption mehr als fünf Jahre beträgt, als wenn er eins bis vier Jahre dauert. Freilich ist nicht auszuschließen, daß bei vielen Eltern mit unerfülltem Kinderwunsch genetische Fehler vorliegen oder die ART selbst eine Schädigung auslöst.

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