CT-Diagnostik

Höheres Krebsrisiko bei Kindern?

Ob eine CT-Untersuchung in der Kindheit möglicherweise das Risiko erhöht, später an Krebs zu erkranken, haben Forscher der Uni Mainz jetzt untersucht.

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MAINZ. Erkranken Kinder, die mindestens eine diagnostische CT-Untersuchung durchlaufen haben, häufiger an Leukämie oder einem Hirntumor als Kinder, die nicht mit diesem bildgebenden Verfahren untersucht wurden?

Mit dieser Frange beschäftigten sich Forscher des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz. Für beide Tumorarten gilt Strahlenexposition als Risikofaktor.

Die Auswertung der Studiendaten ergab, dass 39 Kinder frühestens zwei Jahre nach dem ersten CT ein Tumorleiden entwickelt hatten (Radiat Environ Bioph 2014; 54:1-12).

Die Forscher hatten theoretisch rund 21 Krebsfälle erwartet, heißt es in einer Mitteilung der Uni Mainz.

Daten von 45.000 Kindern

Die Wissenschaftler analysierten Daten von rund 45.000 Kindern im Alter bis 15 Jahren. Die Kinder waren zwischen 1980 und 2010 mindestens einmal mit einer Computertomografie (CT) diagnostisch untersucht worden und zum Zeitpunkt der CT-Untersuchung nicht an Krebs erkrankt.

Die Besonderheit dieser deutschen multizentrischen Kohortenstudie liege darin, dass die Forscher nicht nur das Deutsche Kinderkrebsregister (DKKR) als Datenbasis nutzten, sondern auch radiologische Befundtexte aus 20 Krankenhäusern auswerteten, teilt die Uni Mainz mit.

Die Auswertung des Datenmaterials erfolgte einerseits hinsichtlich einer vergleichenden Darstellung der Krebsinzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) zwischen Kohorte und Allgemeinbevölkerung sowie anderseits der Krebsinzidenz in Abhängigkeit von der individuellen Dosis an Strahlenexposition.

Ziel der Forscher war es, das Krebsrisiko bei einer niedrigen Strahlenbelastung von etwa 10 bis 50 mSv beziffern zu können, das durch den Kontakt mit ionisierender Strahlung bei CTs entsteht.

Die individuelle Strahlenexposition bestimmten die Forscher anhand von Datenbeständen klinischer, radiologischer Institute. Durch einen Abgleich mit dem Deutschen Kinderkrebsregister konnten sie die neu an Krebs erkrankten Kinder identifizieren.

Die Auswertung des Datenmaterials zeigte, dass mehr Fälle zu beobachten waren als erwartet, bei allerdings sehr kleinen Zahlen.

Alternativen zum CT prüfen

Sieben Patienten mit einer Krebserkrankung des Zentralen Nervensystems (ZNS) bei 5,2 erwarteten, 12 statt der erwarteten sieben Leukämiepatienten und 20 Patienten, die unter einer anderen Tumorart litten, waren als Kind computertomografisch untersucht wurden, heißt es in der Mitteilung.

Aus dem Vergleich von beobachteten und erwarteten Erkrankungszahlen errechneten die Forscher das sogenannte standardisierte Inzidenzverhältnis (SIR-Standardized Incidence Ratio).

Demnach wurden insgesamt 1,87-mal so viele Fälle beobachtet wie erwartet, für ZNS beträgt dieser Quotient 1,35 und für Leukämien 1,72. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sind die beobachteten Werte also leicht erhöht.

"Diese Werte müssen jedoch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass Menschen, bei denen als Kind eine CT-Diagnostik erforderlich war, vermutlich einen ohnehin insgesamt schlechteren Gesundheitszustand hatten bzw. haben, als Personen, die ihr ganzes Leben keine CT-Untersuchung gebraucht haben", wird Professor Blettner vom IMBEI zitiert.

"Erfreulicherweise gehen deutsche Ärzte mit CT-Untersuchungen bei Kindern sehr verantwortungsvoll um. Dies zeigen die im internationalen Vergleich eher moderaten CT-Verordnungszahlen bei jungen Patienten in Deutschland."

Die Leiterin der Sektion Kinderradiologie der Universitätsmedizin Mainz und Co-Autorin der Studie, Univ.-Prof. Dr. Gundula Staatz, ergänzt: "Dennoch sollten die Mediziner stets überlegen, ob eine Diagnose mittels CT unbedingt erforderlich ist oder ob auch andere diagnostische Verfahren wie beispielsweise die Kernspintomografie in Frage kommen." (eb)

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