Multimodale Therapie kann dauerhaft Rückenschmerz reduzieren

BERLIN (gvg). Um einer Chronifizierung von Rückenschmerzen entgegen zu wirken, können bei einem Teil der Patienten stationäre Therapieprogramme helfen. Sie sollen nicht nur die Schmerzintensität senken, sondern durch die Kombination verschiedener Therapieansätze vor allem die Alltags- und Arbeitsfähigkeit erhalten.

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Das Konzept der multimodalen Therapie stammt ursprünglich aus den USA. Die Patienten werden möglichst früh in der Schmerzhistorie für einige Wochen stationär eingewiesen und nach umfangreicher Diagnostik einerseits körperlich trainiert, andererseits psychologisch betreut, verhaltenstherapeutisch und bei Bedarf auch medikamentös versorgt. In Deutschland wurde vor allem das Göttinger Rücken-Intensivprogramm (GRIP) bekannt.

Auf dem Forum der Bundesärztekammer "Fortschritt und Fortbildung in der Medizin" berichtete Professor Hans-Raimund Casser vom Schmerzzentrum des Deutschen Roten Kreuzes in Mainz von einer eigenen Studie mit einem multimodalen Therapieprogramm. Kandidaten für derartige Programme seien vor allem Patienten, die ihre Beschwerden übertreiben, die eine sehr pessimistische Grundeinstellung an den Tag legen und die außerdem Probleme auf der Arbeit oder in der Familie haben, so Casser.

Insgesamt 81 Patienten, die mehr als sechs Monate an Rückenschmerzen litten und die deswegen nicht operiert worden waren, wurden in die Studie aufgenommen. Der Therapieverlauf wurde während und nach dem Intensivprogramm mit mehreren Testverfahren evaluiert, darunter eine visuelle Analogskala für die Schmerzquantifizierung, die Allgemeine Depressionsskala und der Pain Disability Index.

"Insgesamt konnten wir bestätigen, daß der multimodale Ansatz ein funktionierendes Konzept ist, bei dem bei den Betroffenen auch mental etwas passiert", sagte Casser. So sei bei Rückenschmerz im Chronifizierungsgrad III nach Gerbershagen (Dauerschmerz ohne Intensitätswechsel) die Schmerzempfindung auf der visuellen Analogskala von initial 7,4 auf 3,8 zurückgegangen. Drei Monate nach Entlassung lag sie immerhin noch bei 4,7.

Wichtiger findet Casser aber die Ergebnisse beim Pain Disability Index (PDI), der Aussagen darüber erlaube, wie die Patienten mit ihren Problemen im Alltag oder auf der Arbeit zurecht kämen. Der PDI sank bei Patienten mit Chronifizierungsgrad III von etwa 42 auf 30 und bei Patienten mit Chronifizierungsgrad II (lang anhaltender Schmerz mit Intensitätswechsel) von 35 auf 24 und blieb auch nach drei Monaten noch auf dem jeweils erreichten Niveau.

Für Casser belegen diese Ergebnisse, daß es mit multimodalen Ansätzen möglich ist, das Schmerzproblem an der Wurzel anzugehen. Anders als bei einer Krankschreibung mit Symptomtherapie würden bei multimodalen Konzepten auch Faktoren wie Persönlichkeitsstruktur oder Körperhaltung günstig beeinflußt.

Weitere Infos zu Schmerz unter www.aerztezeitung.de

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