Niedersachsen

Leiter der Rechtsmedizin Hannover: Es wird zu wenig obduziert

Viele fehlerhafte Totenscheine, zu wenige Obduktionen: Der Leiter der Rechtsmedizin der MHH klagt über unentdeckte Morde – aber auch über andere verpasste Chanchen.

Veröffentlicht:

Hannover. Der Leiter der Rechtsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover findet die Zahl der Obduktionen in Niedersachsen zu gering. Es werde generell zu wenig obduziert, vieles bleibe unentdeckt, sagte Professor Michael Klintschar der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. „Wenn wir mehr obduzieren, kommen wir nicht erkannten Tötungen auf die Spur.“

Die Rechtsmedizin werde von der Staatsanwaltschaft etwa im Fall unklarer Todesursachen beauftragt. Er regte zudem an, dass 15 Prozent der Verstorbenen in Krankenhäusern nach dem Zufallsprinzip obduziert und toxikologisch untersucht werden sollten.

„Aus manchen Regionen erhalten wir bei ähnlichen Bevölkerungszahlen und Todesfällen deutlich mehr Aufträge als aus anderen“, sagte der Rechtsmediziner. „Unsere Rechtsmedizin führt rund 1.000 Obduktionen im Jahr durch, insgesamt kommen wir in Niedersachsen auf geschätzt nicht einmal 2.000 Obduktionen bei jährlich 100.000 Todesfällen. Das macht nur zwei Prozent.“

Qualitätskontrolle für die Medizin

Es gehe ihm aber nicht nur um Mordfälle, betonte Klintschar. „Wir brauchen Obduktionen auch als Qualitätskontrolle in der Medizin.“ Damit solle beispielsweise geprüft werden, wie gut eine Therapie wirke. Im 19. Jahrhundert hätten die Ärzte viele Tote geöffnet und dabei neue Krankheiten entdeckt und beschrieben.

Etwa in Finnland und Österreich werden seinen Worten zufolge deutlich mehr Leichen untersucht – was früher auch in Deutschland Standard gewesen sei. Untersuchungen aus anderen Bundesländern hätten ergeben, dass jeder vierte Totenschein fehlerhaft sei. (dpa)

Mehr zum Thema

Kommentar zu Gesundheitsregionen in Niedersachsen

Vernachlässigte Evaluation

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Tag der Privatmedizin 2023

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Frau diktiert Bericht am Computer

© 3M Deutschland GmbH

Erfolgreiches Spitzen-Duo

3M und Olympus erleichtern den Dokumentationsprozess

Anzeige | 3M Deutschland GmbH
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Videosprechstunde: Der Hausärzteverband findet es gut, wenn ein größerer Anteil der Leistungen darüber erbracht werden darf als bisher. Aber bitte nicht ohne Limit!

© Monika Skolimowska / dpa / picture alliance

44. Hausärztinnen- und Hausärztetag

Keine Digitalisierung an den Hausärztinnen und Hausärzten vorbei!

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Die Newsletter der Ärzte Zeitung

» kostenlos und direkt in Ihr Postfach

Am Morgen: Ihr individueller Themenmix

Zum Feierabend: das tagesaktuelle Telegramm

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Forschende sehen Potenzial für Biomarker

Wenn Thrombozyten aggregieren, droht ein schwerer COVID-Verlauf

Lesetipps
Zwei Ballerina in gleicher Pose.

© ilyaska / stock.adobe.com

Interview zu NVL versus ESH

Die kleinen, feinen Unterschiede zweier Hypertonie-Leitlinien

Frau mit brauner Einkaufstüte in der Hand

© romankrykh / stock.adobe.com

Nachfolger gesucht

Praxis(ver)kauf ohne Reue – wie kann das funktionieren?