Berliner Arzt organisiert Hilfe für Nicaragua

Er setzt alles daran, um die intensivmedizinische Versorgung in Nicaraguas Hauptstadt Managua zu verbesssern: Oberarzt Dr. Werner Kinzel hat ehrgeizige Ziele.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Geräte für eine Intensivstation in Nicaragua: Dr. Werner Kinzel überwacht die Verladung.

Geräte für eine Intensivstation in Nicaragua: Dr. Werner Kinzel überwacht die Verladung.

© Foto: Helios Klinik Berlin-Bruch

Hektische Betriebsamkeit herrscht am Lagerausgang der Hilfsorganisation Solidaritätsdienst International (SODI) in Berlin. Sechs engagierte Helfer versetzen Berge von Kisten mit Spritzenpumpen und anderen intensivmedizinischen Utensilien, jede Menge Medizingeräte, teure Technik und Klinikbetten in einen Container. Die Fracht geht über Hamburg mit dem Schiff nach Nicaragua. Im Hospital Aleman Nicaraguense in der Hauptstadt Managua wird sie bereits erwartet. Genau wie der Berliner Intensivmediziner Dr. Werner Kinzel. Durch seine Initiative kann das städtische Krankenhaus jetzt eine Intensivstation eröffnen.

Kinzel steht am Container und passt auf, dass beim Verladen nichts zu Bruch geht - zufrieden, aber auch ein wenig erschöpft. Seit 2005 hat der Oberarzt des Helios Klinikums Berlin-Buch die wertvollen Materialien in mühevoller Kleinarbeit zusammengetragen. Wenn irgendwo Geräte ausgetauscht wurden, stand Kinzel bereit, um die funktionsfähigen Exemplare ins SODI-Lager zu bringen.

Sachspenden im Wert von 150 000 Euro gesammelt

Auf Kongressen und Tagungen hat er seine Industriekontakte genutzt, um Verbrauchsmaterial und Kleingeräte zu akquirieren. Sachspenden im Wert von rund 150 000 Euro hat der Anästhesist im Lauf der drei Jahre bei medizinischen Einrichtungen, Universitäten und vielen Unternehmen zusammengetragen. Sein Arbeitgeber spendet Ultraschall, Röntgen, Defibrillatoren und Intensivbetten -und Kinzels Flug nach Managua einschließlich 14 Tage Sonderurlaub.

Mitte Mai ist Kinzel selbst gestartet, zwei Monate nach der wertvollen Fracht. Vor Ort in Managua richtet er nun die Station ein und nimmt sie in Betrieb. Über den Ausstattungsstand des Neubaus, den das nicaraguanische Gesundheitsministerium finanziert, hat er sich mit Fotos per E-Mail ständig auf dem Laufenden halten lassen. "Bevor ich da Patienten hinbringe, muss ich wahrscheinlich mit der Flex Haltevorrichtungen für Geräte anbringen", sagt er vor seinem Abflug ganz realistisch. Über den Zeitplan macht Kinzel sich auch keine Illusionen. "Mit der Aktivität der Nicaraguaner müssten wir eigentlich in drei Tagen fertig sein", witzelt er. Doch er weiß genau: Was hierzulande in einer Woche erledigt wäre, wird dort mindestens vier Wochen dauern. "Despacio" heißt langsam, und "mañana" heißt morgen. Das hat Kinzel bei seinem ersten Aufenthalt in Nicaragua im Herbst 1986 schnell gelernt.

Bei aller Langsamkeit haben Land und Leute Kinzel auf Anhieb fasziniert. "Es hat mich auch beflügelt, wie man mit relativ einfachen Mitteln recht gut Hilfe leisten kann", sagt er heute. Ein halbes Jahr war er dort, ließ seine Frau und die drei kleinen Kinder in der Hauptstadt der DDR zurück. Der damals 42-jährige Arzt gehörte zu einer Gruppe von Medizinern und Hilfspersonal, die die DDR-Regierung zum Aufbau des Krankenhauses in das mittelamerikanische Land entsandt hat.

Intensivmedizin ist für das Krankenhaus zu teuer

Gestartet als Geschenk der DDR an Nicaragua wurde das 200-Betten-Haus der Grundversorgung nach der Wende von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und dem SODI unterstützt, bis es 1996 schließlich in staatliche Verwaltung übergegangen ist.

Zum 20-jährigen Bestehen sind im Januar 2005 einige der ehemaligen deutschen Mitarbeiter des Krankenhauses nach Managua geflogen, um sich ein aktuelles Bild zu verschaffen, darunter auch Kinzel. Sein Eindruck: "Es ist so ein armes Land, und es sind so nette Leute. Da muss man einfach helfen." Das medizinische Personal ist gut ausgebildet. Anästhesisten, Internisten und Schwestern für den Betrieb einer Intensivstation sind vorhanden, doch die Intensivmedizin ist für das Krankenhaus einfach zu teuer. So reift Kinzels Plan, der Klinik zu einer Intensivstation zu verhelfen.

Wenn Kinzel in Rente geht, wird er die Klinik betreuen

Jetzt wird sein Traum wahr. Im Januar 2010 geht der Arzt, der Zeit seines Lebens am Bucher Klinikum tätig war, in Rente. Als "Arzt im Unruhestand" will er die Supervision für die Intensivstation im Hospital Aleman Nicaraguense übernehmen. Außerdem gilt es, den Kontakt zu den Spendern zu halten, damit es auch mit dem Nachschub klappt. "Die Sachwerte von 150 000 Euro müssen vernünftig verwaltet und eingesetzt werden. Vor allem soll das Ganze keine Eintagsfliege sein", so Kinzel. Gleichzeitig hofft er, dass er dann ein Versprechen erfüllen kann, das er seiner Frau bereits bei seinem ersten Aufenthalt in Nicaragua gegeben hat: Einmal mit ihr gemeinsam längere Zeit dort zu verbringen.

Infos und Spenden: www.sodi.de

Live dabei per Video-Kanal von You Tube

"Es ist heiß und feucht", heißt es im Kommentar zu einer der Videosequenzen aus Managua. Wer die Arbeit von Dr. Werner Kinzel an der neuen Intensivstation (Unidad de Cuidados Intensivos - UCI) am Hospital Aleman Nicaraguense (HAN) beobachten will, kann dies täglich auf der Video-Plattform You Tube tun.

Dort kann man in kurzen Videosequenzen sehen, wie Kinzel vor Ort bei seiner Arbeit unterstützt wird - von den nicaraguanischen Helfern und Kollegen, aber auch von der deutschen Dialyse-Schwester Susanna Kirsten. Seit kurzem als Helfer mit dabei ist auch der Neurochirurg H. Lopez Icaza, ein Kollege Kinzels aus dem Helios-Klinikum Buch.

Einen Rundgang durch das gesamte Krankenhaus bietet "El Hospitalero" - so lautet der Titel des Video-Kanals im Internet.

(ami)

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