Blutprofile jetzt im Visier der Dopingfahnder

Es ist entschieden: Claudia Pechstein darf nicht in Vancouver starten. Startverbote könnten schon bald auch anderen erwischten Dopingsündern drohen.

Von Pete Smith Veröffentlicht:

VANCOUVER. Sie ist die weltweit erste Athletin, die aufgrund eines indirekten Dopingnachweises gesperrt wurde: Claudia Pechstein, bei Olympischen Spielen erfolgreichste deutsche Eisschnellläuferin aller Zeiten, darf definitiv nicht bei den Olympischen Spielen starten.

Claudia Pechstein darf in Vancouver nicht aufs Eis. © dpa

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Ihre zweijährige Wettkampfsperre wegen Blutdopings bleibt bestehen. Doch der Nachweis ihrer Schuld ist umstritten: Er beruht ausschließlich auf Indizien. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hatte zu Beginn des vergangenen Jahres eine Blutprofil-Regel eingeführt. Danach können gegen Sportler Sanktionen bereits wegen Auffälligkeiten in ihrem Blutprofil verhängt werden, ohne dass ein konkreter positiver Dopingbefund vorliegt.

Einige Verbände prüfen die Blutprofile der Athleten

Die WADA will bei diesen Olympischen Spielen deutlich mehr Doping-Tests vornehmen als vor vier Jahren in Turin. Insgesamt sollen 2000 Dopingproben genommen und analysiert werden, das sind etwa 800 mehr. Vorgesehen sind 1600 Urin- und 400 Blutproben. Einige Verbände überprüfen darüber hinaus auch die Blutprofile ihrer Athleten, wie zum Beispiel der Internationale-Ski-Verband (FIS), die Internationale Eislauf-Union (ISU) sowie die Internationale Biathlon-Union (IBU). Das von WADA akkreditierte Doping-Kontroll-Labor in Richmond wird vom kanadischen Organisationskomitee VANOC als das "technisch am höchsten ausgereifte in der Geschichte der Winterspiele" gerühmt.

Die Veranstalter geben sich kämpferisch: Jeder Athlet, der mit dem Gedanken spiele, seine Leistung in Vancouver zu manipulieren, müsse damit rechnen, erwischt zu werden. Getestet werde an jedem Wettkampfort sowie in den Olympischen Dörfern in Vancouver und Whistler. Die ersten Kontrollen sind bereits kurz nach der Öffnung der Olympischen Dörfer am 4. Februar erfolgt, die letzten werde man am Tag der Abschluss-Zeremonie am 28. Februar vorgenommen, gab das VANOC bekannt. Zur Aufklärung über den Ablauf des Anti-Doping-Reglements hat die WADA ein Video produziert, dass über die Nationalen Olympischen Komitees der teilnehmenden Länder an die Sportler weitergegeben werden soll.

Beim Doping-Test selbst müssen Athleten viel beachten: Sie müssen während der Spiele zu jeder Zeit erreichbar sein. Gemäß den Anti-Doping-Regeln des IOC müssen Sportler ihren jeweiligen Aufenthaltsort dem Nationalen Olympischen Komitee bekannt geben. Sollten die Dopingkontrolleure einen Athleten nicht erreichen, kann dies einem Dopingverstoß gleichgesetzt werden.

Außerdem wird auf Pünktlichkeit gesetzt, Zuspätkommen wird nur bei zwingenden Gründen akzeptiert.

Ausnahmegenehmigungen für Asthmatiker

Vor den Kontrollen werden die Sportler gefragt, ob sie in den vergangenen sieben Tagen Medikamente eingenommen haben und ob sie für Arzneien, deren Wirkstoffe auf der Dopingliste auftauchen, eine Ausnahmegenehmigung haben. Athleten, die den Nachweis einer Krankheit erbringen, können für bestimmte, sonst verbotene Medikamente Ausnahmegenehmigungen erhalten. Das betrifft vor allem Asthmatiker.

Die Analyse der Dopingproben geschehe zeitnah, sichert das VANOC zu. Ist die Probe negativ, soll das Ergebnis innerhalb von 24 Stunden vorliegen. Bei einem positiven Testergebnis gehen die Veranstalter von 72 Stunden aus. Die Ergebnisse werden zuerst dem IOC mitgeteilt, das bei einem Dopingbefund den jeweiligen Athleten informiert und über die Konsequenzen entscheidet. Für die Beurteilung maßgeblich ist die am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretene neue Dopingliste der WADA.

Das Video zur Dopingkontrolle unter http://tinyurl.com/yaqapd Aktuelle Dopingliste unter: http://tinyurl.com/ybuh2z6

Chronologie im Fall Claudia Pechstein

7. Februar 2009: Bei der Mehrkampf-WM soll bei Claudia Pechstein der Retikulozytenwert bei 3,5 Prozent und damit 1,1 Prozent über dem zulässigen Grenzwert gelegen haben.

3. Juli 2009: Die Internationale Eislauf-Union (ISU) verhängt eine zweijährige Wettkampfsperre gegen Pechstein wegen Blutdopings.

25. November 2009: Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) bestätigt die Zwei-Jahres-Sperre.

8. Dezember 2009: Beim Wettkampf in Salt Lake City verpasst Pechstein die letzte sportliche Chance, sich für Olympia zu qualifizieren.

15. Februar 2010: Pechstein stellt einen Eilantrag beim Ad-hoc-Gericht des Sportgerichtshofes, um den Start beim Teamrennen am 26. und 27. Februar zu erzwingen. Innenminister de Maizière kündigt ein Disziplinarverfahren gegen Pechstein an, die bei der Bundespolizei angestellt ist.

18. Februar 2010: Das Ad-hoc-Gericht lehnt den Pechstein-Antrag ab. Eine Anhörung mit dem IOC und dem DOSB gab es nicht. (smi/bee)

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