Afrika

Covergirl für Menschen mit Albinismus

In vielen Teilen Afrikas werden Menschen mit Albinismus diskriminiert, schlimmstenfalls sogar ermordet. Eine junge Anwältin aus Südafrika stellt sich den Vorurteilen in den Weg.

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JOHANNESBURG. Thando Hopa läuft bei Fashion-Shows über den Laufsteg, sie arbeitet als Anwältin und schreibt Gedichte.

Sie sieht gut aus, ist jung und erfolgreich - und will nicht über ihre helle Haut definiert werden. Die 26 Jahre alte Südafrikanerin hat Albinismus.

"Man hat mich schon als Covergirl für Menschen mit Albinismus bezeichnet. Aber so sehe ich mich nicht", sagt Hopa.

"Ein Mensch hat so viele verschiedene Facetten", betont sie. Das Wort "Albino" mag sie gar nicht - es reduziere einen Menschen ganz einfach auf die fehlende Hautpigmentierung.

In manchen Ländern Afrikas hat das Diskriminierung oder sogar den Tod zur Folge. "Weißer Affe" - so sei sie als Kind beschimpft worden, erinnert sich Hopa.

"Unter derselben Sonne"

Bei Menschen mit Albinismus ist die Bildung des Pigments Melanin gestört, ihre Haut ist besonders hell. Einer von 5000 bis 15.000 Afrikanern hat nach Angaben der Organisation "Under the Same Sun" (Unter derselben Sonne) Albinismus.

Bei Europäern oder Nordamerikanern ist der Anteil etwas geringer, er liegt bei etwa 1:20 000. Menschen mit Albinismus sind besonders empfindlich für Sonnenbrand und Hautkrebs. Sehschärfe und räumliches Sehen können ebenfalls eingeschränkt sein.

Es herrscht der Aberglaube, dass Menschen mit Albinismus von ihren Vorfahren verflucht sind, zudem dumm und unfruchtbar, wie die südafrikanische Gesellschaft für Albinismus auf ihrer Webseite auflistet.

Andere wiederum glauben, Albinismus bringe Glück. "Ein Taxifahrer hat mir einmal gesagt, er werde heute ganz viel Kohle machen, nachdem er mich getroffen hat", erzählt Hopa.

Die Geburt eines hellhäutigen Kindes wird oft mit Übersinnlichem in Verbindung gebracht. Manche Wunderheiler behaupten, die Körperteile von Menschen mit Albinismus hätten magische Kräfte.

Das hat schlimme Folgen: Seit 1998 wurden laut "Under the Same Sun" in 25 afrikanischen Ländern - von Tansania bis Burundi - 168 Menschen mit Albinismus ermordet und 264 weitere angegriffen.

Model gegen Vourteile

In Südafrika sind solche Fälle selten. Aber bei einer Reise nach Tansania würde sie besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen, sagt Hopa. Im Model-Beruf sei sie zufällig gelandet. 2012 sah der südafrikanische Designer Gert-Johan Coetzee sie in einem Einkaufszentrum.

"Er ging an mir vorbei, drehte sich um und fragte, ob ich Interesse an einem Foto-Shooting hätte", erinnert sie sich.

Ähnliche Angebote hatte sie früher abgelehnt, sie wollte sich auf ihre Anwaltskarriere konzentrieren. Ihre Schwester habe sie aber überzeugt, dass sie als Model besser gegen die Vorurteile ankämpfen könnte.

Innerhalb von zwei Wochen musste Hopa lernen, mit hochhackigen Schuhen zu laufen, dann kam der erste Auftritt. Als sie den Laufsteg bei der "South African Fashion Week" betrat, hatte sie Panik: "Da waren Stufen, und da ich wegen meiner Augenprobleme nur schwer Tiefe einschätzen kann, hatte ich Angst, hinzufallen", erzählt das Model.

Sie ist besonders blendempfindlich. Auch das räumliche Sehen ist häufig begrenzt. Doch alles ging gut, seitdem ist sie gut im Geschäft.

Der Job als Model habe sie kreativer gemacht, sagt die junge Frau, die bei Veranstaltungen selbstgeschriebene Gedichte vorträgt. Aber Vorrang habe ihre Arbeit als Staatsanwältin in Johannesburg. "Ich habe mit vielen Vergewaltigungsfällen zu tun und mit traumatisierten Kindern."

Trend in der Modeindustrie

Nicht nur Menschen mit Albinismus, auch Opfern von Verbrechen und sozialer Ungerechtigkeit will Hopa Mut machen.

Laufsteg-Stars mit Albinismus sind ihrer Ansicht nach Teil eines Trends in der Modeindustrie hin zu mehr Vielfalt bei Models und einem veränderten Schönheitsbegriff, der sich weiterentwickelt.

"Wenn du zum Beispiel ein Plus-Size-Model bist, dann ist es an dir, das als "sexy" zu erklären", sagt Hopa. Und wenn die Medien Albinismus als schön definieren, dann werden die Menschen das auch so mitnehmen." (dpa)

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