Erster Versorgungsvertrag jenseits der KV

Eine hausarztzentrierte Versorgung, die abseits von den KVen organisiert wird? In Baden-Württemberg gehen 2007 AOK, Medi und der Hausärzteverband diesen neuen Weg. Viel Protest erntete die Zusammenarbeit, die inzwischen erfolgreich ist.

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Weggabelung: Machtkampf zwischen KV und Verbänden.

Weggabelung: Machtkampf zwischen KV und Verbänden.

© fotolia / Heyer, Biggör

26. NOVEMBER 2007. Im badenwürttembergischen Staatsanzeiger steht eine kleine Notiz, die ein berufspolitisches Erdbeben auslöst und der Start für einen Machtkampf zwischen Körperschaft und Verbänden für die nächsten Jahre ist.

Die AOK Baden-Württemberg sucht einen Vertragspartner für die "flächendeckende und einheitliche Umsetzung der hausarztzentrierten Versorgung (...) für die Versicherten der AOK Baden-Württemberg durch mindestens 3000 an der hausärztlichen Versorgung in Baden-Württemberg teilnehmende Ärzte".

Diese Ausschreibung für einen Vertrag nach Paragraf 73b SGB V wirbelt die Berufspolitik nicht nur im Südwesten auf -  ist dies doch der erste breitenwirksame Versorgungsvertrag jenseits der KV.

Vertragspartner stehen schon vorher fest

Schon bei der Ausschreibung stehen die Vertragspartner fest: Trotz der Bewerbung aller KVen in Deutschland ist es ein offenes Geheimnis, dass die AOK bereits im Vorfeld mit dem Hausärzteverband und dem Ärzteverbund Medi Gespräche geführt hat.

Beide Verbände könnten gemeinsam die Versorgung flächendeckend sicherstellen. Das könnte auch die KV - bekam dafür aber nicht den Zuschlag.

So steht kurz vor Weihnachten 2007 fest: Medi und der Hausärzteverband werden Verhandlungen über den Vertrag mit der AOK aufnehmen. Die KBV setzt alles daran, das System der Körperschaften zu bewahren.

Die Verbände aber bereiten in der Zeit auch ein "weiches" GKV-Austiegszenario vor - der Frust über jahrelange vergebliche Hoffnungen auf eine Anhebung der Gesamtvergütung ist zu groß geworden.

Ob das klappt? Die Vertragspartner zeigen sich bei der Vorstellung im Mai 2008 optimistisch, dass die teilnehmenden Hausärzte mehr Geld und die eingeschriebenen AOK-Versicherten eine bessere Versorgung bekommen.

Praxen müssen aufrüsten

Der Vertrag sieht für die Ärzte eine aus drei Elementen bestehende Honorierung vor, die einen durchschnittlichen Fallwert von 80 Euro im Quartal (KV: 53 Euro) möglich macht. Dafür übernehmen die Ärzte die hausärztliche Versorgung der eingeschriebenen Patienten.

Für eine Teilnahme müssen auch die Praxen qualitativ aufrüsten: moderne EDV-Programme, elektronische Abrechnung.

Zudem sollen vorrangig Rabattmedikamente verordnet, DMP-Programme aktiv unterstützt, bestimmte Impfquoten erreicht und Abendsprechstunden angeboten werden. Die Teilnahme an Qualitätszirkeln ist obligatorisch

Während die KBV warnt, dass Ärzte sich mit diesem Vertrag in die "Abhängigkeit einer Kasse" begeben, unterstützt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt den Abschluss: "Wir werden das sehr positiv begleiten."

Der Vertrag in Baden-Württemberg zeichnet sich in den kommenden Jahren durch Stabilität aus - ganz anders als in anderen KV-Regionen, in denen es jahrelange Auseinandersetzungen über einen Vertragsabschluss gibt. (bee)

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