Buchtipp
Kurzweilige Fiktion statt Historie
Anke Michel: Die Ärztin. Aufbau Taschenbuch Verlag. Berlin 2010. 315 Seiten. 9,95 Euro.
Man schreibt das Jahr 1725. Die kleine Dora aus Quedlinburg begleitet ihren Vater Dr. Leporin zu dessen Krankenbesuchen.
Das Mädchen ist gerade einmal zehn Jahre alt, weiß aber sehr genau, was es einmal werden will: Ärztin! So beginnt der historische Roman "Die Ärztin", eine Fiktion über die Medizinerin Dorothea Erxleben.
Nein, "Die Ärztin" ist keine Biografie und schon gar kein Stück Medizingeschichte. Das Leben der ersten promovierten deutschen Ärztin Dorothea Erxleben (1715-1762) wird frei erzählt, oder wie es das Autorenpaar Anke Apelt und Michel Bergmann im Nachwort formuliert, "neu erfunden".
Jene Leser, denen historische Authentizität wichtig ist, werden weniger Freude an der Lektüre haben als jene, die kurzweilige Fiktion erwarten.
Das Mädchen im Roman möchte Menschen heilen, wie ihr Vater, dem sie assistiert. Dora kann lesen und schreiben. Obwohl es Frauen bei Strafe verboten ist zu studieren, kämpft Dora um eine Zulassung zum Medizinstudium.
Nicht zu wenig Klischees
Dann jedoch stirbt ihre Cousine. Dora nimmt sie sich der Kinder an und heiratet deren Vater, den Diakon Johann Christian Erxleben. Das Medizinstudium stellt sie zurück, und doch wird sie ihren Traum irgendwann erfüllen…
Liebe, Tragik, Schmerz und Kampf - der Roman liest sich flüssig, an Klischees wird nicht gespart.
Die wahre Dorothea übernahm die Praxis ihres verstorbenen Vaters und reichte 1754, inzwischen achtfache Mutter und 39-jährig, unter dem Titel "Academische Abhandlung von der gar zu geschwinden und angenehmen, aber deswegen öfters unsicheren Heilung der Krankheiten" ihre Dissertation ein.
Am 6. Mai 1754 bestand sie an der Universität Halle ihr Promotionsexamen. Es dauerte noch 150 Jahre, bis allgemein Frauen zum Medizinstudium zugelassen wurden. (smi)