Terror in Paris

Warnung vor neuen Anschlägen

Frankreichs Premier Valls warnt: Die Terrorbedrohung durch den Islamischen Staat richtet sich gegen weitere europäische Länder.

Veröffentlicht:

PARIS/BRÜSSEL. Frankreich warnt vor möglicherweise kurz bevorstehenden neuen Angriffen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Europa und erhöht zugleich den Fahndungsdruck auf Verdächtige.

Auch in Belgien kam es am Montag zu groß angelegte Razzien schwer bewaffneter Spezialkräfte, bei denen mindestens ein Mensch festgenommen wurde. Drahtzieher der Terrorattacken von Paris mit fast 130 Todesopfern könnte nach Medienberichten der polizeibekannte belgische Dschihadist Abdelhamid Abaaoud sein.

Die IS-Miliz bereitet nach den Worten von Premierminister Manuel Valls weitere Anschläge vor. Er könne Attentate in den kommenden Tagen oder Wochen nicht ausschließen, sagte Valls dem Sender RTL.

Die Attentate in Paris seien von Syrien aus organisiert und geplant worden. In einer neuen, zunächst nicht verifizierbaren Videobotschaft drohte der IS Frankreich und seinen Verbündeten mit weiteren Terrorangriffen.

Identifikation schon vor einem Jahr

Türkische Sicherheitskräfte hatten nach Angaben aus Regierungskreisen in Ankara einen der mutmaßlichen Attentäter von Paris bereits im vergangenen Jahr als Terrorverdächtigen identifiziert. Die Türkei habe die französischen Behörden im vergangenen Dezember und erneut im Juni über den Verdächtigen Omar Ismaïl Mostefaï informiert, sagte ein Regierungsbeamter der Deutschen Presse-Agentur.

Auch der Irak hatte Frankreich nach Angaben von Außenminister Ibrahim al-Dschafari vor IS-Anschlägen gewarnt. Der türkische Geheimdienst MIT vereitelte zeitgleich mit den Pariser Anschlägen geplante Terrorangriffe in Ankara und Istanbul, wie die Zeitung "Sabah" berichtete.

Abaaoud, der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge von Paris, gilt seit längerem als meistgesuchter Islamist Belgiens. Der 28-Jährige mit marokkanischen Wurzeln soll sich zuletzt in Syrien aufgehalten und dort für den IS gekämpft haben. Früher lebte er in dem als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Stadtteil Molenbeek.

In Brüssel-Molenbeek nahmen Spezialeinheiten am Montag erneut Hausdurchsuchungen vor. Auch in Frankreich gab es landesweit 168 Durchsuchungen. Dabei wurden 23 Menschen festgenommen und 31 Waffen gesichert. Bei einer Razzia in Lyon fand die Polizei unter anderem einen Raketenwerfer.

"Hass predigende Imame"

Ziel war die Verhinderung weiterer Anschläge, wie Valls dem Sender RTL sagte. Innenministers Bernard Cazeneuve sagte, er wolle auch Moscheen schließen, in denen radikales Gedankengut verbreitet werde, und "Hass predigende" Imame des Landes verweisen.

Bei der minuziös geplanten Terrorserie am Freitagabend waren mindestens 129 Menschen getötet und mehr als 350 weitere verletzt wurden. Frankreichs Premierminister Manuel Valls sagte am Montag bei RTL: "Wir wissen, dass Operationen vorbereitet wurden und noch vorbereitet werden, nicht nur gegen Frankreich, sondern auch gegen andere europäische Länder."

Er bekräftigte, Frankreich wolle den IS zerstören. Die französische Luftwaffe hatte die Terrormiliz am Sonntag in deren syrischer Hochburg Al-Rakka massiv angegriffen.

Derweil ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel ein mögliches verschärftes militärisches Vorgehen Deutschlands gegen die IS-Terrormiliz offen. Zur Beendigung des Syrien-Krieges setze sie auf den in Wien ausgehandelten Friedensprozess, sagte sie beim G20-Gipfel im türkischen Belek.

Sie äußerte sich nicht konkret dazu, ob es zu einem UN-Mandat für einen internationalen Einsatz mit Beteiligung der Bundeswehr kommen wird.

Die Bundesregierung hält das Wort Krieg im Zusammenhang mit den Anschlägen der Terrororganisation Islamischer Staat für umgangssprachlich angemessen. "Umgangssprachlich wird man das sicher als Krieg bezeichnen können", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Montag in Berlin.

"Man kann sagen: Das ist ein Krieg der sogenannten IS, der gegen Europa geführt wird." Allerdings seien mit dem Begriff verfassungsrechtliche oder völkerrechtliche Konsequenzen und Dimensionen verknüpft, über die jetzt nicht spekuliert werden solle, sagte Wirtz. (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Hörsaalgeflüster

Südkorea: Klinikalltag im Ausland

Gelistet als Best-Practice-Intervention

Psychische Gesundheit: OECD lobt deutsches Online-Programm iFightDepression

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lungensurfactant

Warum Seufzen der Atmung gut tut

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung