Wenn ein Autor mit dem Romanhelden leidet

Wie viel autobiografisches verarbeitet ein Autor in seinen Büchern? Schmökert man bei Christian von Ditfurth, erkennt man viele Parallelen - vor allem die schmerzhafte Arthritis, die den Autor seit 20 Jahren plagt.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
"Die Schmerzen wandern durch den Körper, manchmal erscheint es mir, als ob es ein Kreislauf wäre." (Christian von Ditfurth, Kriminal- und Sachbuchautor)

"Die Schmerzen wandern durch den Körper, manchmal erscheint es mir, als ob es ein Kreislauf wäre." (Christian von Ditfurth, Kriminal- und Sachbuchautor)

© www.zitzlaff.com

Dr. Josef Maria Stachelmann ist Historiker. Er ist intelligent, eigensinnig, ein bisschen paranoid und vor allem neugierig. Er löst Rätsel: Kriminalfälle, die mit der Geschichte zu tun haben. Das kann er gut. Wenn nur diese schlimmen Schmerzen nicht wären. Stachelmann leidet an Arthritis.

Christian von Ditfurth ist Historiker. Er ist intelligent, eigensinnig, kein bisschen paranoid, aber auch neugierig. Er schreibt Bücher über Kriminalfälle, die mit der Geschichte zu tun haben. Das kann er gut. Wenn nur diese schlimmen Schmerzen nicht wären. Auch von Ditfurth leidet - wie seine Romanfigur Stachelmann - an Arthritis.

Genauer gesagt an einer "Mischung aus Spondylarthritis und reaktiver Arthritis", wie der Autor, Lektor und Journalist Christian von Ditfurth es selbst beschreibt. Seit 20 Jahren schon lebt er mit den Schmerzen, die allgegenwärtig sind. Ihretwegen muss er auf jeglichen Sport verzichten. "Das ist das Übelste", sagt er im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". "Sonst arbeite ich fröhlich vor mich hin und lasse mich möglichst nicht beeindrucken."

Die Schmerzen gehören zum täglichen Leben

Christian von Ditfurth, Sohn des Arztes, Wissenschaftlers, Journalisten und Schriftstellers Hoimar von Ditfurth sowie Bruder der ehemaligen Grünen-Politikerin Jutta Ditfurth, wurde 1953 in Würzburg geboren. Heute lebt er in Ahrensbök in Schleswig-Holstein. Dort gab es 1933 bis 1934 ein Konzentrationslager, in dem vor allem Kommunisten, SPD-Politiker und Gewerkschafter inhaftiert waren und das heute eine Gedenkstätte beherbergt.

In von Ditfurths erstem Stachelmann-Krimi, "Mann ohne Makel" (2002, Kiepenheuer & Witsch), geht es - Zufall oder nicht - ebenfalls um Verbrechen der Nazis, genauer um die Ausplünderung der Juden durch die Volksgenossen im Dritten Reich. Das Buch ist inzwischen 80 000 Mal verkauft und in viele Sprachen übersetzt worden. Ein echter Bestseller.

Auch wenn sich der Autor von seinen Schmerzen nicht beeindrucken lassen will, so gehören sie doch zu seinem täglichen Leben. Es begann mit Rückenschmerzen, in denen von Ditfurth, damals Verlagslektor in Düsseldorf, zunächst eine Sportverletzung vermutete. Schließlich spielte er leidenschaftlich gern Squash und Tennis, fuhr Rad und absolvierte regelmäßige Einheiten im Fitnessstudio. Doch die Schmerzen wurden immer schlimmer. Die Ärzte, darunter vor allem Orthopäden, waren zunächst ratlos.

Anderthalb Jahre dauerte es, bis ein Sportmediziner bei Christian von Ditfurth Morbus Bechterew diagnostizierte - "zwar auch nicht ganz richtig, aber doch sehr nah dran". Leider beließ es der Arzt bei seiner Diagnose und einem Rezept für Voltaren, mehr Zeit hatte er nicht. Von Ditfurth recherchierte selbst die Hintergründe seiner Krankheit und erfuhr Hilfe im Rheinischen Rheumazentrum in Meerbusch.

20 Jahre später sind die Schmerzen "immer da, an ganz unterschiedlichen Stellen und in unterschiedlicher Intensität", wie von Ditfurth beschreibt. "Sie wandern durch den Körper, manchmal erscheint es mir, dass es ein Kreislauf ist. Unterbrochen wird es durch Phasen extremer, manchmal lähmender Schmerzen so ziemlich an allen Gelenken und diversen Weichteilen."

Trotz dieser Schmerzen bewältigt der Autor, der auch Sachbücher schreibt, fast immer sein Tagespensum von 9000 Anschlägen, was etwa vier Manuskriptseiten entspricht. Daneben muss er E-Mails beantworten, Nachrichten sichten und findet darüber hinaus sogar noch die Zeit, hin und wieder einen Blick auf die Homepage von Schalke 04 zu werfen und gegen seinen Schachcomputer anzutreten.

Den riesigen Erfolg seiner Stachelmann-Krimis, von denen bislang fünf erschienen sind und der sechste in Arbeit ist, kann er sich selbst nicht so recht erklären. Sicher liege es am Helden selbst, aber möglicherweise auch daran, dass das Thema des ersten Bands selbst Leser im Ausland interessierte. "Und vielleicht sind es einfach auch nur gute Krimis."

Von guten Ratschlägen wird nicht nur der Autor traktiert

Originell sind seine Stachelmann-Romane in jedem Fall. Ein Historiker als Krimiheld ist selten, ein rheumakranker, schmerzgeplagter Protagonist noch viel seltener. Authentisch kommt Dr. Josef Maria Stachelmann auch deshalb daher, weil er seine Leiden mit seinem Autor teilt.

Jene sind durchaus nicht nur körperlicher Natur. Im dritten Teil der Reihe etwa wird Stachelmann von guten Ratschlägen seiner Mitbürger traktiert. Tipps, "auf die Leute nach einem Friseurbesuch gerne kommen, weil sie glauben, sie hätten nun bei einer Zeitschriftenlektüre, vorzugsweise der Anzeigen, erfahren, wie dieser dumme Rheumatiker endlich seine Krankheit los wird", wie der Autor aus eigener Erfahrung weiß.

Von Ditfurth leidet mit seinem Helden. "Mich nerven diese Leute auch, die an Wundermittel und Heilpraktiker mit den Wundertherapien glauben und tatsächlich meinen, man spiele gern das Versuchskaninchen für so einen Quatsch. Aber es ist ja alles so gut gemeint."

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