AOK feuert weiter auf PKV

Die private Krankenversicherung legt nicht genug zurück, sagt der AOK-Bundesverband und facht eine längst schwelende Debatte über die Zukunft der PKV an. Auch bei vielen Politikern schwindet der Rückhalt.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
In welche Richtung die Diskussion über die Zukunft der Versicherungssysteme geht, ist offen.

In welche Richtung die Diskussion über die Zukunft der Versicherungssysteme geht, ist offen.

© imago/imagebroker

BERLIN. Die PKV bekommt Druck. Erst vor kurzem empörten sich die Verbraucherzentralen über Beitragssteigerungen von bis zu 70 Prozent in einzelnen Tarifen. Jetzt legt der AOK-Bundesverband nach.

In seinem Auftrag hat die Unternehmensberatung McKinsey Daten zusammengetragen, die in der Lesart der AOK auf eine Unterfinanzierung der privaten Krankenversicherung hindeuten.

Die PKV legt jedes Jahr 24 Milliarden Euro an Rückstellungen zu wenig auf die hohe Kante, vermeldet der AOK-Bundesverband. Demnach könne die PKV ihr Versprechen nicht halten, die Beiträge mittels der Altersrückstellungen stabil zu halten.

Um dies zu leisten, müsste die PKV die Beiträge ab sofort im Schnitt um 2 700 Euro pro Jahr anheben.

Der AOK-Bundesverband habe mit der "Faktensammlung" eine Diskussionsgrundlage für die Debatte über die zukünftige Struktur des Krankenversicherungsmarktes schaffen wollen, sagte Verbandssprecher Udo Barske der "Ärzte Zeitung".

"Wir wollen nicht, dass die Probleme der PKV zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sozialisiert werden", sagte Barske. Schon heute profitiere die PKV von der medizinischen Infrastruktur, die überwiegend von den gesetzlich Krankenversicherten finanziert sei.

PKV-Verband: Versicherte zahlen nur zwei Prozent mehr als im Vorjahr

Das sehen die privaten Versicherer anders: "Nur die private Versicherung ist nachhaltig und generationengerecht finanziert", sagt der Direktor des PKV-Verbands Volker Leienbach.

Die Kritik an den Prämienanstiegen kontert sein Verband: Im Schnitt bezahlten die Versicherten im Vergleich zum Vorjahr lediglich zwei Prozent mehr.

Die Debatte, die die AOKen erwarten, ist längst angelaufen. Die Oppositionsparteien gehen mit ihren mehr oder weniger rigiden Bürgerversicherungsmodellen in den Ring. Darin spielt der private Versicherungsmarkt nur eine untergeordnete Rolle.

In den Regierungsfraktionen ist das Bild nicht eindeutig. Schon vor Wochen war der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, vorgesprescht, hatte von "existentiellen Problemen" der PKV gesprochen und einen einheitlichen Versicherungsmarkt gefordert.

In wenigen Jahren werde es die PKV in ihrer heutigen Form nicht mehr geben, sagte Spahn Mitte März voraus.

Selbst der FDP als Unterstützerin können sich die privaten Versicherer nicht mehr zu 100 Prozent sicher sein.

CSU fast alleiniger Fürsprecher der PKV

Einzelne liberale Abgeordnete, zum Beispiel der Gesundheitspolitiker Lars Lindemann, kritisieren, dass die PKV vorgebe, für ein freiheitliches Marktsystem zu stehen, gleichzeitig aber gesetzliche Schutzzäune fordere und den Wettbewerb untereinander nicht wolle.

Andere FDP-Politiker fürchten die zunehmende Konvergenz zwischen PKV und GKV und stellen sich zum Beispiel gegen die selbst von der PKV geforderten Öffnungsklauseln in den Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte.

Klare Fürsprecher hat die PKV bei der CSU. Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer hat sich voll hinter die Aussagen des Koalitionsvertrages gestellt. Darin heißt es:

"Neben der gesetzlichen Krankenversicherung sind für uns die privaten Krankenversicherungen als Voll- und Zusatzversicherung ein konstitutives Element in einem freiheitlichen Gesundheitswesen.

Die Bundesregierung steht auch in der langen Perspektive zur privaten Krankenversicherung. Das hat sie aktuell in ihren im April erschienenen Demografiebericht geschrieben.

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