Nach der Katastrophe
Ärztekammer warnt nach Erdbeben in Türkei vor gesundheitlichen Langzeitschäden
Im Erdbebengebiet in der Türkei häufen sich offenbar Früh- und Fehlgeburten. Auch die Zahl der Menschen, die an Depressionen leiden, geht nach oben, sagt Selahattin Mentes, Chef der Ärztekammer im südtürkischen Adana
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Es gibt sehr viele Todesfälle, die Menschen haben alles verloren und das verbleibende Leben hat ihnen wenig zu bieten: Selahattin Mentes, Chef der Ärztekammer im südtürkischen Adana.
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Adana. Rund sechs Monate nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei hat die Ärztekammer in der Region vor gesundheitlichen Langzeitschäden gewarnt. Vor allem Frauen und Kleinkinder seien gefährdet, sagte Selahattin Mentes, Chef der Ärztekammer im südtürkischen Adana, der Deutschen Presse-Agentur. Es mangele an ausgewogener Ernährung, was bei Kindern zu Entwicklungsstörungen führen könne. Schwangere seien ebenso gefährdet.
„In der Region wurde bereits eine große Anzahl von Früh- und Fehlgeburten festgestellt“, fügte er hinzu. Schwierige Operationen müssten in der Großstadt Adana vorgenommen werden. Die Krankenhäuser dort seien bereits überlastet.

Antakya: Eine Zeltstadt wurde für die Überlebenden des Erdbebens im Stadtzentrum errichtet.
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Anfang Februar hatten schwere Erdbeben die Südosttürkei und Nordsyrien erschüttert. Zehntausende Menschen kamen ums Leben, Millionen wurden obdachlos.
Alles verloren und wenig Hoffnung auf Besserung
Die Ärzte in der türkischen Region stellten zudem eine Zunahme von Depressionen fest. „Es gibt sehr viele Todesfälle, die Menschen haben alles verloren und das verbleibende Leben hat ihnen wenig zu bieten“, sagte Mentes.

Ayfer Orukcu (2.v.r.) lebt mit ihrem Sohn (r), ihrer Mutter Nuriye und ihrem Bruder Aziz (l) in einem Zelt in der Nähe ihres alten Viertels. Ihr Haus wurde bei dem Erdbeben vor fast sechs Monaten zerstört.
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Er warf den Behörden zudem vor, Schutt eingestürzter Gebäude unkontrolliert abgeladen zu haben. Man wisse nicht, ob darin Giftstoffe wie Asbest enthalten seien und ob diese ins Grundwasser sickern könnten. Diese Unwissenheit sei ein großes Problem: „Wir wissen nicht, wie hoch die Rate an Lungenkrebs in fünf oder zehn Jahren sein wird, genauso wie wir noch nicht wissen, wie sich die schlechte Ernährung auf die Entwicklung der Kinder auswirken wird.“ (dpa)