TV im Blick

Alter Mythos, neu belebt: Wir rationalisieren uns gesund

Konziliant im Ton, hart in der Sache, kaum vereinbar im Weltbild -beim Sender "Phoenix" wurde über "Klassenkampf im Wartezimmer" gestritten.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

Alte Bekannte trafen am vergangenen Donnerstagabend bei der "Phoenix-Runde" aufeinander: Protagonisten waren Martin Grauduszus, Präsident der Freien Ärzteschaft, und der SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach. Beharkt hatten sie sich schon in früheren Diskussionsrunden. Doch bei der Frage: "Was ist uns unsere Gesundheit noch wert?", blieben beide im Ton moderat. Lauterbach beklagte die Ungleichbehandlung von gesetzlich und privat Krankenversicherten und sah den Schuldigen -  bei der Union: "Wir lasten den Ärzten nicht die Zweiklassenmedizin an", so der SPD-Linke.

Unvermutet nicht in der Schusslinie des sonst angriffsfreudigen Gesundheitspolitikers, beschränkte sich Grauduszus darauf, Unterschiede beim Service für GKV- und PKV-Patienten zu erklären: "Wir sind angewiesen auf Privat-Patienten, um die Behandlung von GKV-Patienten zu bezahlen." Das von KBV und Kassen vereinbarte Honorarpaket von 2,7 Milliarden Euro reiche nur "zum Stopfen von Löchern".

Den Part des Ärzte-Kritikers fiel in der Sendung dem Bremer Soziologen Dr. Bernhard Braun zu. "Nö" war bündig seine Antwort auf die Frage, ob Ärzte zu wenig verdienen würden. Lauterbach formulierte differenzierter; er sei nicht der Meinung, "dass Ärzte zu gut verdienen" - forderte aber sogleich eine Gebührenordnung, die gültig für alle Versicherten sein solle. Dem Gleichheitspostulat blieb Lauterbach auch treu, als er beklagte, nur Privat-Patienten würden im Krankenhaus von "Top-Spezialisten" behandelt. Da half auch der Einwand von Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, nicht, die Behandlung von Krebskranken sei stets Teamarbeit.

Grund, mehr Geld ins Gesundheitswesen zu geben, sah der Soziologe Braun nicht: "Mehr Geld, mehr Geld -  das machen wir seit 30 Jahren". Braun setzte auf bewährte Rezepte und bemühte das über sieben Jahre alte umstrittene Gutachten des Sachverständigenrats, der "Über-, Unter- und Fehlversorgung" in Deutschland beklagt hatte. Man müsse "die Rationalisierung stärker anpacken", dann könne man auch "viel gelassener über Geld reden", gab sich Braun überzeugt. Wie weit dieses Weltbild von der Wahrnehmung derer entfernt ist, die in Praxis und Klinik arbeiten - das zu diskutieren blieb leider keine Zeit mehr.

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