„Katastrophale Lage“

Apothekerverbände warnen vor Antibiotika-Mangel

Laut Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände wird es in Deutschland immer schwieriger, die Patienten ausreichend mit Antibiotika zu versorgen. Bei Fiebersäften für Kinder ermöglicht das BMG nun flexibles Handeln.

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Antibiotika-Säfte für Kinder sind in vielen Apotheken derzeit Mangelware, die Politik wurde bereits aktiv.

Antibiotika-Säfte für Kinder sind in vielen Apotheken derzeit Mangelware, die Politik wurde bereits aktiv.

© detailblick / Fotolia

Berlin. Für Patienten in Deutschland gibt es offenbar viel zu wenig Antibiotika. „Die Lage ist katastrophal", sagte die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Regina Overwiening, der „Bild“-Zeitung (Donnerstag). Es werde immer schwieriger, Patienten zu versorgen - „und das in einem Land, das mal die Apotheke der Welt war“. Bei normalerweise gut behandelbaren Krankheiten wie zum Beispiel Scharlach müsse teilweise auf Reserve-Antibiotika zurückgegriffen werden, die eigentlich nur in Ausnahmefällen verwendet würden. Ein Ende des Mangels sei nicht in Sicht, heißt es von der Berliner Kammer.

Peter Stahl, Kammerpräsident in Rheinland-Pfalz, sagte der Zeitung: „Gefühlt jede zweite Verschreibung ist inzwischen ein Problem.“ Kammer-Chef Carsten Wohlfeil (Saarland) berichtete, viele Patienten müssten weite Wege auf sich nehmen, um eine Apotheke mit der nötigen Arznei zu finden. Bayern hat eine „Task-Force Arzneimittelversorgung“ ins Leben gerufen, um den anhaltenden Lieferengpässen zu begegnen. Alexander von Waldenfels (Bayerische Landesapothekerkammer) beklagte „Lieferengpässe bei Antibiotikasäften über alle Wirkstoffe hinweg“.

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Ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das dem Gesundheitsministerium untergeordnet ist, betonte, auf europäischer Ebene gebe es erste Signale für eine Stabilisierung der Verfügbarkeit von Antibiotika.

Kritik kommt aus der Opposition

Für den CDU-Gesundheitsexperten Tino Sorge steht fest: „Jetzt rächt sich der jahrelange Sparzwang bei Medikamenten, vor allem aber das Abwarten von Gesundheitsminister Lauterbach." Längst hätte der SPD-Minister ein Frühwarnsystem für Lieferengpässe einführen können. „Es ist höchste Zeit, dass Minister Lauterbach den Medikamenten-Mangel entschlossen bekämpft", so Sorge. „Bisher kursieren nur vage Ideen, die Patienten stehen weiter im Regen."

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Handlungsspielraum für die Länder

Bei antibiotikahaltigen Säften für Kinder können die Landesbehörden inzwischen flexibler auf Lieferengpässe reagieren. Ermöglicht wird dies durch eine Bekanntmachung des BMG im Bundesanzeiger vom 25. April. Dadurch werde ein so genanntes Frühwarnsystem beim BfArM in Gang gesetzt, heißt es in einer aktuellen BMG-Meldung. Ein Beirat überwacht dort die Versorgungslage und warnt vor Engpässen. Wird ein Lieferengpass gemeldet, prüft das BfArM, ob es sich um ein versorgungsrelevantes Arzneimittel handelt. Die Feststellung eines Versorgungsmangels durch das Ministerium ist Voraussetzung dafür, dass Landesbehörden im Einzelfall und befristetet von Vorgaben des Arzneimittelgesetzes abweichen dürfen, wie es in einer generellen Erläuterung des Bundesinstituts heißt. Zum Beispiel dürften Behörden Chargen von Arzneimitteln freigeben, auch wenn sie nicht die letztgenehmigte Version der Packungsbeilage haben.

Hierbei sei insbesondere von Bedeutung, ob Alternativpräparate für die Therapie zur Verfügung stehen und sich diese Arzneimittel zurzeit auf dem Markt befinden. Ein Lieferengpass muss daher nicht gleichzeitig ein Versorgungsengpass sein, da oftmals alternative Arzneimittel zur Verfügung stehen. (KNA/kaha)

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