Antrag im Bundesrat

Baden-Württemberg will Prüf-Furor der Kassenaufsicht bremsen

Das Bundesamt für Soziale Sicherung untersucht akribisch Kassen-Daten im Hinblick auf Manipulationsversuche im Risikostrukturausgleich. Baden-Württemberg dringt auf schlankere Prüfverfahren.

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Durchforstet Diagnose-Meldungen der Kassen: Das Bundesamt für Soziale Sicherung in Bonn.

Durchforstet Diagnose-Meldungen der Kassen: Das Bundesamt für Soziale Sicherung in Bonn.

© picture alliance/dpa

Berlin/Stuttgart. Die baden-württembergische Landesregierung will die rückwirkende Prüfung von Abrechnungsdaten der Kassen durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) verschlanken. In einem Entschließungsantrag, den das Land in den Bundesrat eingebracht hat, firmiert dieses Vorhaben unter der Überschrift „Bürokratieabbau“.

Die Prüfung der Daten, die die Krankenkassen im Rahmen des Risikostrukturausgleichs gemeldet haben, sei für die Behörde und für die GKV mit „einem übermäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden“, heißt es in dem Antrag. Dieser Prozess solle „auf den Prüfstand“ gestellt und „verschlankt“ werden.

Dabei geht es unter anderem über die kassenübergreifende „Auffälligkeitsprüfung“ durch das BAS. Die Behörde untersucht hier, ob es bei den von den Kassen gemeldeten Diagnosen auffällige Steigerungen im Hinblick auf Häufigkeit und Schwere gibt. Ziel ist es, insbesondere ein „Upcoding“ zu verhindern, aus dem einzelne Kassen einen finanziellen Vorteil ziehen könnten.

Finanzielle Unwägbarkeiten für die Kassen

Für etliche Kassen sind diese Prüfungen mit finanziellen Unwägbarkeiten verbunden. In der Vergangenheit ist in der Fachwelt vor allem die Diagnose-Codierung im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung immer wieder Gegenstand heftiger, auch politischer Diskussionen gewesen. Baden-Württemberg dringt mit seinem Antrag darauf, dass hier Altlasten abgeräumt werden. Die Prüfungen sollten in einem „vereinfachten und beschleunigten Verfahren“ zum Abschluss gebracht werden.

Zudem solle die Beweislast umgekehrt werden: Nicht mehr einzelne Kassen sollen gezwungen sein, die Rechtmäßigkeit der gemeldeten Diagnosedaten zu belegen, sondern die Beweislast solle künftig beim BAS liegen. Schließlich solle die Rechtsgrundlage in Paragraf 273 SGB V auf Verträge beschränkt werden, die nicht bereits von den Länderaufsichten genehmigt worden sind. Insbesondere Selektivverträge in der AOK-Familie würden damit nicht mehr länger unter die Prüfaufsicht der Bonner Behörde fallen.

BAS hat sich erst bis zum Jahr 2015 vorgearbeitet

Tatsächlich hat sich das BAS mit der Auffälligkeitsprüfung erst bis ins Jahr 2015 vorgearbeitet. Seit Mitte Mai liegt ein Bericht vor, der erste Ergebnisse der Auffälligkeitsprüfung enthält. Demnach sind bei 112 Krankenkassen – die teilweise längst fusioniert sind – in 296 Fällen statistisch auffällige Anstiege in einzelnen Morbiditätsgruppen festgestellt worden. Von den 45 betroffenen Kassen sind inzwischen bei 16 weitere Einzelprüfungen eingeleitet worden.

Darunter sind nach Darstellung des BAS neun AOKen, fünf Betriebskrankenkassen, eine Ersatzkrankenkasse sowie die Knappschaft. Am Ende dieses langwierigen Prozesses kann ein „Korrekturbescheid“ der Behörde stehen – der betroffenen Kasse würden dann entsprechend die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds gekürzt.

Ende September tritt der Bundesrat zu seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammen. Dann könnte der Antrag eingebracht werden. Danach würden die Beratungen der Ausschüsse starten. (fst)

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