Strategie gegen Landarztmangel

Bauer sucht Arzt – mit Provision

Der Weltgesundheitstag 2018 steht unter dem Motto "Flächendeckende Gesundheitsversorgung". In Deutschland wächst vor allem auf dem Land die Sorge vor einem Mangel an Ärzten. Mancherorts wird man bereits mit kreativen Ideen aktiv.

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Der Landarzt Michael Beringhoff vor seiner Praxis in Neuenrade im Sauerland. Er steht zu seinem Landarzt-Dasein.

Der Landarzt Michael Beringhoff vor seiner Praxis in Neuenrade im Sauerland. Er steht zu seinem Landarzt-Dasein.

© Oliver Berg/dpa

NEUENRADE. Der von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgerufene Weltgesundheitstag am 7. April steht 2018 unter dem Motto "Flächendeckende Gesundheitsversorgung". Gemeint ist das Ziel, dass jeder Mensch Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nehmen können sollte– unabhängig von Ort und Zeit.

Im globalen WHO-Zusammenhängen betrachtet muss man sich um Deutschland in dem Punkt keine großen Sorgen machen. Dennoch ist die Frage nach drohenden Versorgungslücken in dünner besiedelten Gebieten mittlerweile zu einem Dauerthema geworden. Auch in Neuenrade im Sauerland, einem Ort mit etwa 12.000 Einwohnern umgeben von Wäldern und Wiesen.

Vermittlungsprämie als Anreiz

Die Kleinstadt hat sich daher jüngst für eine recht radikale Variante entschieden, um Ärzte anzulocken: Geld. Doch nicht der Mediziner wird damit bedacht, sondern der Vermittler. Wer Neuenrade erfolgreich einen neuen Arzt vermittelt, bekommt 10.000 Euro.

Bürgermeister Antonius Wiesemann sieht es als Investition in die Zukunft. Noch gebe es im Ort sechs Allgemeinmediziner. "Aber unser Problem ist, dass wir einen sehr hohen Altersdurchschnitt haben", sagt er. Der älteste Arzt sei 77 Jahre alt. Neuenrade hat Flyer gedruckt, hat sich auf Messen gezeigt, um Mediziner zu locken. Die Resonanz: keine. "Es ist ein Problem der Köpfe", sagt der Bürgermeister. Jahrelang seien ländliche Gegenden negativ dargestellt worden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten da schon vor Jahren stärker eingreifen müssen.

Einer, der sich mit dem Landarztleben gut arrangiert hat, ist Michael Beringhoff. Fragt man ihn, was einen Landarzt zum Landarzt macht, hat er eine einfache Antwort: "Du musst zwei Bauern kennen und einen Trecker haben."

Beides treffe ganz klar auf ihn zu, versichert Beringhoff. Er geht daher offensiv mit dem Thema um. An seiner Praxis im Ort Neuenrade im Sauerland hat er das Schild "Landarztpraxis" angebracht. Die Definition mit dem Trecker – halb ernst gemeint – ist ihm bereits vor mehr als zehn Jahren eingefallen. Damals sei das ja noch nicht so ein riesiges Thema gewesen, das Landarzt-Dasein, sagt er. Da musste man es noch erklären. Anders als heute.

KVen in der Pflicht

Roland Stahl, Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, führt das geringe Interesse am Landarzt-Dasein mit auf gesellschaftliche Veränderungen zurück. Die Menschen ziehe es in die Städte. Wenn der in den Dörfern der Supermarkt zumache und die Post wegziehe, dann könne "man ehrlicherweise nicht erwarten, dass ein Arzt trotz allem bleibt".

Natürlich müsse man die Versorgung sicherstellen und sich entsprechende Konzepte überlegen. Stahl räumt allerdings ein: "Wir müssen uns von dem Bild des Landarztes aus dem Fernsehen, der im Sonnenschein mit dem Jeep herumfährt und sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag Probleme löst, verabschieden."

Gesundheitsforscher Gerd Glaeske sieht die Kassenärztlichen Vereinigungen dennoch in der Pflicht, Lösungen zu finden – mit finanziellen Anreizen. Und betont: "Es geht nicht nur um die Umverteilung der Köpfe, auch um die Umverteilung der Honorare." (dpa)

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