Defizit bei Sozialversicherungen

Finanzminister Klingbeil sieht keine „deutlichen Beitragssatzsteigerungen“

Es werde bei Gesundheit und Pflege nicht massiv teurer, beteuert Bundesfinanzminister Klingbeil – und verweist auf die Arbeit von Kommissionen. Die brauchen aber Zeit. Und die läuft den Kassen davon, wie sich nun bei einem großen Player im System zeigt.

Veröffentlicht: | aktualisiert:
Finanzminister Lars Klingbeil

Sieht keine Gefahr eines deutlichen Beitragsplus‘ – allen Warnungen der Kassen zum Trotz: Finanzminister Lars Klingbeil (SPD).

© Soeren Stache/dpa

Berlin. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) will der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Sozialen Pflegversicherung im kommenden Jahr keine zusätzlichen Finanzmittel bereitstellen – also nichts, was über den regulären Bundeszuschuss an die GKV sowie die geplanten Darlehen an die beiden Sozialversicherungen in Höhe von 3,8 Milliarden Euro im Jahr 2026 hinausgeht.

Das wurde am Mittwoch auf Klingbeils Pressekonferenz deutlich, die er nach den Etatbeschlüssen des Bundeskabinetts gab.

Er verwies darauf, dass die Regierung zur Reform der Kranken- und Pflegeversicherung zwei Expertenkommissionen berufen habe oder einsetzen werde. Diese würden „zeitnah“ Ergebnisse vorlegen, die dann rasch umgesetzt werden sollen. Dies bringe ihn zu der Annahme, „dass wir das jetzt so hinbekommen, dass wir nicht Beitragssteigerungen, zumindest keine deutlichen haben werden“.

Lesen sie auch

Allerdings wird die Bund/Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der Pflegeversicherung wohl erst Ende des Jahres ihre Beratungen abschließen. Die Kommission, die sich mit der Zukunft der GKV befasst, ist noch gar nicht berufen.

Selbst wenn Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) im Herbst deren Mitglieder benennt, ist nicht vor dem Frühjahr 2026 mit Ergebnissen zu rechnen – Ergebnissen, die die Regierung dann zunächst prüfen und anschließend in womöglich langwierigen Verfahren verwirklichen muss.

Finanzlage spitzt sich weiter zu

Dabei ist die Finanzlage von GKV und SPV schon jetzt ausgesprochen prekär. So wurde am Mittwoch bekannt, dass die größte deutsche Betriebskrankenkasse, die Siemens BKK, zum 1. August den Zusatzbeitrag ihrer Mitglieder auf 3,8 Prozent anhebt.

Schon zum Jahreswechsel hatten die meisten Krankenkassen höhere Abgaben verlangt. Zum 1. Juli drehten einige Kassen abermals an der Beitragssatzschraube.

Lesen sie auch

„Wieder einmal macht sich die Bundesregierung mit dieser Haushaltsplanung einen schlanken Fuß und übernimmt nicht ihre Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die bislang von den Krankenkassen getragen werden – und dazu gehören insbesondere die vollständige Gegenfinanzierung der gesundheitlichen Versorgung der Bürgergeldbeziehenden und die Finanzierung der Rentenbeiträge für die pflegenden Angehörigen“, erklärte Oliver Blatt, Chef des GKV-Spitzenverbands.

Einhelliges Votum von Kassenvertretern

Entsprechende Mittel seien im Haushaltsplan des Bundes weiterhin nicht eingeplant – obwohl versicherungsfremde Leistungen vom Staat zu bezahlen und nicht einfach den Beitragszahlenden der Kranken- und Pflegeversicherung aufzubürden seien. In diesem Sinne hatten sich jüngst auch Ulrike Elsner, die Chefin des Verbands der Ersatzkassen, sowie DAK-Chef Andreas Storm geäußert.

Lesen sie auch

Immerhin: Ein wenig Lob gab es am Mittwoch auch – und zwar aus dem Lager der Uniklinka. Deren Verbandschef Professor Jens Scholz nannte es sei ein wichtiges Signal, dass im Etat „an mehreren Stellen Finanzmittel für Krankenhäuser“ vorgesehen seien.

Lob von den Uniklinika

Außer dem Inflationsausgleich sei es „ordnungspolitisch nachvollziehbar“, so Scholz, dass der Bund seinen Anteil am Transformationsfonds aus Steuermitteln bestreite. Dass der Bund zunächst sogar mit 3,5 Milliarden Euro den überwiegenden Anteil trage, sei als Botschaft an die Länder zu deuten, „die Krankenhausreform mutig anzugehen“.

Die Ende 2024 verabschiedete Reform soll an einigen Stellen „angepasst“ werden. Nicht wenige Beobachter befürchten, dass dadurch Kernziele des Klinikumbaus – etwa eine stärkere Spezialisierung mit dem Ziel, die Versorgungsqualität zu verbessern – verwässert werden könnten. (bwa/hom)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Prävention

Impfvereinbarungen für Meningokokken B fast flächendeckend

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Traumatologie

Bienenstich in die Hornhaut: Schnell raus mit dem Stachel!

Lesetipps
Ein junger Fuchs im Wald

© Thomas Warnack/dpa

Alveoläre Echinokokkose

Fuchsbandwurm-Infektionen sind wohl häufiger als gedacht

Schema einer Messung der minimalen Resterkrankung bei Patienten und Patientinnen mit akuter lymphatischer Leukämie, akuter myeloischer Leukämie, chronischer myeloischer Leukämie oder mit multiplen Myelom

© freshidea / stock.adobe.com

Messbare Resterkrankung

Muss man wirklich auch die letzte Krebszelle eliminieren?