Nordrhein

Gutachten soll Ärzten mehr Rechtssicherheit geben

Die zunehmende Ökonomisierung in der Medizin ist Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, ein Dorn im Auge. Ein Gutachten soll Ärzten bei der Rechtssicherheit ihrer Entscheidungen helfen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Ärztliche Entscheidungen dürfen nicht immer mehr aufgrund ökonomischer Vorgaben getroffen werden.

Ärztliche Entscheidungen dürfen nicht immer mehr aufgrund ökonomischer Vorgaben getroffen werden.

© Shahril KHMD / stock.adobe.com

Düsseldorf. Die Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo) will ein Gutachten in Auftrag geben, in dem die Freiheit in ärztlichen Entscheidungen rechtssicher herausgearbeitet werden soll. Das hat ÄKNo-Präsident Rudolf Henke auf der Kammerversammlung in Düsseldorf angekündigt.

Henke sieht durch die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens den hohen Wert Stellenwert der Freiberuflichkeit für die ärztliche Tätigkeit bedroht. „Wir erleben beinahe täglich, dass unsere Freiheitsgrade herausgefordert werden und dass in einem gewissen Umfang auch die Prioritäten ärztlichen Denkens begonnen haben, sich nach und nach fast unbemerkt zu verschieben.“

Erst Medizin, dann Ökonomie

Natürlich gebe es eine Verbindung zwischen Ökonomie und Medizin, betonte er. „Aber die Reihenfolge ist entscheidend: Erst die Medizin und dann die Ökonomie.“ Henke fürchtet aber, dass diese Reihenfolge nicht mehr durchgehend Anwendung findet. „So mag der ein oder andere Chefarzt glauben, dass er den Vorgaben der kaufmännischen Leitung folgen muss.“ Hier soll das Gutachten für Klarheit sorgen. „Dieses Gutachten werden wir dann kommunizieren, und zwar so, dass es allen Beteiligten im Krankenhaus, in der Gesundheitspolitik und möglichst vielen in der Gesellschaft bekannt wird“, sagte er.

Henke verwies auf das in diesem Jahr gegründete „Komitee für medizinethische Beratung“ der ÄKNo. Es könne Kollegen Hilfestellung in konkreten Entscheidungssituationen geben. Nach seiner Ansicht muss die Kammer sowohl in der heutigen als auch in der künftigen Ärztegeneration ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Freiberuflichkeit des Arztes „keine unbedeutende Worthülse“ aus vergangenen Zeiten ist.

Der ÄKNo-Präsident betonte, dass es gemeinsames Ziel der drei Fraktionen in der Kammerversammlung sei, das Thema schon in der Ausbildung an den Universitäten zu verankern. Die zuständigen Ausschüsse der ÄKNo würden deshalb überlegen, welche Tools die Kammer unterstützend in den Ausbildungsprozess einbringen kann, berichtete er.

„Diese Ausbildungstools sollen eine Art Gegengewicht zu den Zusatzstudiengängen und Aufbaukursen darstellen, die jungen Ärztinnen und Ärzten heute geradezu inflationär parallel zum Studium angeboten werden“, erläuterte Henke. Er nannte Studiengänge wie Gesundheitsmanagement, Gesundheitstechnik oder Präventionsmarketing.

Kontraproduktive Finanzierungssysteme

Das Primat der ethisch basierten Medizin in Krankenhaus und Praxis dürfe nicht nur in Sonntagsreden gefordert werden, sondern müsse auch durch eine entsprechende Honorierung untermauert werden, stellte er klar. Zurzeit seien die Finanzierungssysteme aber in weiten Teilen kontraproduktiv.

Das deutsche DRG-System im Krankenhaus ist mit seinem 100 Prozent-Ansatz vor die Wand gefahren, findet Henke. „Es hat so viele unerwünschte Nebenwirkungen zulasten unserer Patienten und des Personals im Krankenhaus produziert, dass man von einem echten Totalschaden sprechen kann.“ Anstelle der DRG müsse eine Finanzierung von Krankenhausleistungen treten, die bedarfsgerecht ist und eine individuelle Behandlung und Betreuung der Patienten ermöglicht, forderte er. „Wir werden uns dagegen stemmen, dass die Rationalität der allgemeinen Waren- und Dienstleistungswirtschaft unsere Arbeit infiziert.“

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