Offener Brief an Minister Lucha

Hausärzteverband Baden-Württemberg fordert Krisengipfel zur hausärztlichen Versorgung

Beim 22. Hausärztetag in Baden-Württemberg appellierte Nicola Buhlinger-Göpfarth an Landesgesundheitsminister Lucha, sich für die Entbudgetisierung einzusetzen. Der Minister versprach schnelle Gespräche.

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Nicht akzeptabel findet Baden-Württembergs Hausärztechefin Nicola Buhlinger-Göpfarth die erneute Quotierung der hausärztlichen Honorare.

Nicht akzeptabel findet Baden-Württembergs Hausärztechefin Nicola Buhlinger-Göpfarth die erneute Quotierung der hausärztlichen Honorare.

© Jens Schicke

Stuttgart. „HÄPPI“, so lautete das Motto beim 22. Baden-Württembergischen Hausärztetag in Stuttgart. Auch wenn sich der Titel auf das neue Primärversorgungskonzept im Ländle bezog, das im Juli in die Erprobung gehen soll - wirklich happy zeigte sich Professor Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorstandsvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands Baden-Württemberg, angesichts der jüngst wieder eingeführten Quotierung hausärztlicher Honorare nicht.

„Es sind schwere Zeiten - diese erneute Budgetierung ist absolut inakzeptabel und nicht mehr vermittelbar“, betonte sie zum Auftakt einer Podiumsdiskussion. Dafür erntete sie Sonderapplaus aus dem vollbesetzten Saal. „Das ist keine Lappalie, sondern ein echter Notstand. Angesichts fast 1.000 freier Hausarztsitze in Baden-Württemberg ist die hausärztliche Versorgung an einem Kipp-Punkt. Wir brauchen einen koordinierten und nachhaltigen Plan, wie die Situation wieder stabilisiert werden kann, bevor es zu spät ist.“

Sie forderte Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) noch einmal nachdrücklich auf, zügig einen Krisengipfel zur hausärztlichen Versorgung im Land voranzutreiben. Gemeinsam mit ihrer Vorstandskollegin Dr. Susanne Bublitz überreichte sie dem Minister einen offenen Brief.

Krisengipfel soll zeitnah kommen

„Es ist offensichtlich, dass diese Verschlechterung junge Ärztinnen und Ärzte von der Hausarztmedizin abschrecken und ältere Kollegen dazu bringen wird, ihre Praxen zu schließen. Das wird sich direkt auf die Patientenversorgung auswirken, dieser Tatsache müssen sich die Politik und auch die Krankenkassen bewusst sein.“

Lucha versprach, alle Beteiligten zeitnah einzuladen: „Dann werden wir gemeinsam prüfen, welche Baustellen wir angehen müssen.“

Angesichts der drohenden Quotierung habe er sich erneut an Bundesminister Karl Lauterbach gewandt, betonte er. „Dass wir eine EBM-Übersteuerung haben, liegt am EBM selbst. Das müssen wir regeln. Das Gesetz zur Entbudgetierung der Hausärzte muss schnell kommen.“

Sanktionierung ist keine Lösung

Großes Thema der Runde war auch die Digitalisierung. Vor allem die immer noch hakenden Prozess beim E-Rezept sorgten auf dem Podium und bei den Zuhörern für Unmut. Sanktionen sind aus Sicht der grünen Landtagsabgeordneten Petra Krebs jedoch keine Lösung, um die Digitalisierung durchzudrücken. „Wir müssen eher schauen, dass die digitalen Entwicklungen den Lebensrealitäten der Menschen angepasst sind. Es gibt sehr viele Schichten, die noch nicht so weit sind - und das sind keinesfalls immer nur Ältere.“

Buhlinger-Göpfarth, die auch Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands ist, wies auf das Zuständigkeitswirrwarr hin: „Bei jedem Schnittstellenproblem muss man woanders anrufen. Alle schieben sich die Bälle zu, am Ende muss buchstäblich der Arzt im Keller den Konnektor neu starten.“ Susanne Bublitz erinnerte daran, dass sich Arbeitsprozesse in Zukunft immer weiter ändern werden. „Wir müssen lernen zu delegieren, wir schaffen nicht alles alleine.“

Verlässliche Beziehungen sind entscheidend

Ein gutes Beispiel sei das neue HÄPPI-Projekt, das die verschiedenen Gesundheitsberufe in die Versorgung einbinde. Bublitz versuchte, Ärztinnen und Ärzten Ängste zu nehmen, dass ihre Arbeit in Zukunft dadurch weniger wert sein könnte. Verlässliche Beziehungen zu einer Praxis könnten Patientinnen und Patienten auch über MFA, VERAH oder sogar Apps aufbauen.

Unterstützung gab es von Johannes Bauernfeind, dem Vorstandsvorsitzenden der AOK Baden-Württemberg: „HÄPPI ist in Angebot, aber nicht das alleinige Allheilmittel. Entscheidend sind Anlaufstellen, diese geben den Menschen Sicherheit.“ (kaha)

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