Hausarztverträge im Norden sind eine Hängepartie

BAD SEGEBERG. Die vom Gesetzgeber vorgeschriebene hausarztzentrierte Versorgung findet in Schleswig-Holstein bislang praktisch nicht statt. Abschlüsse sind nur mit kleinen Kassen in Sicht.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
"Wir sind nicht bereit, uns länger im Gebüsch zu verstecken": Genossenschafts-Chef Dr. Klaus Bittmann.

"Wir sind nicht bereit, uns länger im Gebüsch zu verstecken": Genossenschafts-Chef Dr. Klaus Bittmann.

© Foto: KVSH

"Wir sind nicht länger bereit, uns im Gebüsch zu verstecken", sagt Dr. Klaus Bittmann. Damit spielt der Genossenschaftschef auf die Erwartungen von KV und Hausärzteverband im Norden an. Nachdem deren Verhandlungen mit den Kassen vor Monaten gescheitert waren, vergatterten sie alternative Verhandlungspartner der Kassen zum Stillhalten.

Denn Landes-Hausärzteverbands-Chef Nicolay Breyer hatte klar gemacht, dass sein Verband hausarztzentrierte Versorgung im Norden nur gemeinsam mit der KV abzuschließen gedenkt. Wer sich trotzdem ein Mandat für Verhandlungen holt, so die Botschaft, macht dies gegen die Interessen von Körperschaft und Hausarztverband. Tatsächlich hielten die Genossen aus Rücksicht auf den Verband und KV einige Wochen lang still - mit der Folge, dass bis heute nur die Versicherten der Gmünder Ersatzkasse (GEK) die Option für eine hausarztzentrierte Versorgung haben.

Bittmann zeigt sich optimistisch, dass sich der Versichertenkreis demnächst erweitert. Nach seinen Angaben hat die Genossenschaft ein fertiges Konzept in der Schublade, das sowohl den Erwartungen der Ärzte, als auch der Kassen entspricht. Die Ärzte sollen für die hausarztzentrierte Versorgung mehr Geld erhalten. Dabei werden Anforderungen in Module eingeteilt und entsprechend honoriert. "Nicht jeder wird alles machen", erklärt Bittmann. Unter dem Strich aber werde eine bessere Versorgung zu besseren Bedingungen erreicht.

Die Mehrausgaben der Kassen sollen an anderer Stelle eingespart werden. So könnte die Genossenschaft die Ärztenetze dazu bewegen, etwa durch den gemeinsamen Einkauf von Hilfsmitteln größere Rabatte zu erzielen oder durch die Organisation eines Fahrdienstes die Krankentransportkosten zu senken - solche Möglichkeiten stehen der KV als Körperschaft nicht offen.

"An die Genossenschaft denkt bei uns im Vorstand keiner": Hausärzteverbandschef Nicolay Breyer.

"An die Genossenschaft denkt bei uns im Vorstand keiner": Hausärzteverbandschef Nicolay Breyer.

© Foto: di

Breyer hält dennoch an der KV als Kooperations- und Vertragspartner fest. "An die Genossenschaft denkt bei uns im Vorstand keiner", sagt Breyer. Die Vertragspolitik der Genossenschaft findet er "nicht prickelnd", vom Konzept der Genossen erwartet er keine großen Vorteile für die Ärzte. Mit einzelnen kleinen Kassen, sagt Breyer, stehen KV und Hausärzteverband in "aussichtsreichen Verhandlungen". Bei den großen Versorgerkassen hingegen glaubt er nicht mehr an einen Vertragsabschluss in diesem Jahr.

Der VdAK zeigte sich auf Anfrage offen für neue Verhandlungen. AOK-Chef Dr. Dieter Paffrath will zwar die Türen für KV und Hausärzteverband offenhalten, betont aber auch die Alternativen. Dass KV und Hausärzteverband das bisherige Angebot ablehnen, versteht er nicht. Nach seinen Angaben könnten teilnehmende Ärzte für den zusätzlichen Aufwand laut Kassenangebot rund 12 000 Euro im Jahr (3,11 Euro für jeden eingeschriebenen Versicherten im Quartal bei rund 1000 Patienten) zusätzlich erhalten - wenn sich dies aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen refinanziert. Nach Meinung der KV reicht dieses Angebot nicht aus, sie erwartet, dass die Kassen den Ärzten stärker entgegenkommen.

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