Innovationsfonds

Hecken vermisst Delegationsprojekte

Zahlreiche Ideen, hohe Erwartungen: Mit dem Innovationsfonds setzt Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), darauf, über kreative Lösungen die Regelversorgung der Zukunft zu verbessern.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:
Fallberatung zwischen Ärzten und Pflegekräften: Wer macht was?

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BERLIN. "Der Innovationsfonds erweist sich dann als erfolgreich, wenn 20 bis 40 Prozent der darüber geförderten Projekte in der Regelversorgung aufgenommen werden". Diese Messlatte definierte Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), beim Kassengipfel in Berlin.

Da das Gesundheitswesen nach wie vor unter einem hohen Anpassungsdruck stehe, sei es nötig, brennende Fragen in der Versorgung zu lösen. Als eine zentrale Herausforderung nannte Hecken insbesondere die fortwährende Debatte um die Delegation und Substitution von ärztlichen Leistungen: "Wir müssen endlich klären, was andere Berufsgruppen übernehmen könnten, sonst drehen wir uns weiterhin im Kreis." Genau zu diesem Thema, so bedauerte Hecken, hätte es jedoch kaum Bewerbungen im Rahmen des Innovationsfonds gegeben.

Dabei war der Innovationsfonds zum Start (wir berichteten) geradezu bestürmt worden. 300 Millionen Euro an Fördermitteln stehen pro Jahr bereit. 2016 wurden jedoch mehr als 500 Projektskizzen mit einem Gesamtvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro eingereicht. Der Innovationsausschuss hat zwischenzeitlich 62 wissenschaftliche Vorhaben und 29 Projekte zu neuen Versorgungsformen ausgewählt. Inhaltliche Schwerpunkte sind die "Telemedizin", die "Arzneimitteltherapien", "Versorgungsmodelle in strukturschwachen Regionen" und die "Qualitätssicherung". Hecken kündigte an, dass am nächsten Montag eine neue Förderbekanntmachung für themenoffene Ausschreibungen veröffentlicht werde.

Die Verträge zur Integrierten Versorgung (IV) haben sich, so Hecken, als untaugliche Reforminstrumente erwiesen. Kein einziges IV-Konzept sei in der Regelversorgung aufgenommen worden. Meist hätten sich diese mit zu kleinen Patientengruppen befasst, so dass sich keine Evidenz belegen ließ. Von den Vorhaben, die über den Innovationsfonds gefördert werden, erwartet er sich mehr Durchsetzungskraft: "Mit dem Innovationsfonds können wir ein größeres Volumen erreichen und auch eine Evidenz generieren".

Deutlich skeptischer bewertet Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung beim AOK-Bundesverband, den Innovationsfond. "So lange die kollektive Regelversorgung Innovationen nur nach den sektoralen Prinzipien aufnehmen kann, ist die Gefahr hoch, dass mit dem Innovationsfond viel Geld rausgeschmissen wird", sagte sie. Zum Beispiel gebe es zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor "viele Schräubchen, aber keine Verzahnung". Und bei der Notfallversorgung, so Richard, habe der Patient den Vertragsarzt "bereits abgewählt", da dieser sich im Ernstfall eher an eine Klinik wende.

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Kommentare
Christoph Schay 15.02.201715:07 Uhr

Versorgung im Notdienst

Wenn sich zu den Öffnungszeiten der ambulanten, durch Hausärzte besetzten, Notfallpraxen täglich Patientinnen und Patienten einfinden, die keinen Hausarzt haben, wenn Samstag oder Sonntag einhundert Patientinnen und Patienten behandelt werden, kann überhaupt keine Rede davon sein, "dass Patienten den Vertragsarzt abgewählt hat". Auch die AOK beteiligt sich in Westfalen Lippe nicht an der finanziellen Ausstattung der Notfallpraxen, die AOK blockiert eine weitergehende Verzahnung zwischen den Sektoren. Das sich Geschäftsführerin beim Bundesverband der AOK für eine gezielte Steuerung der Patienten oder für eine hausarztzentriert Versorgung einsetzt ist bisher nicht bekannt. "Verzahnung" der Sektoren und damit eine Verbesserung der ambulanten Versorgung gibt es nicht zum Nulltarif wie es die AOK Vorstände immer glauben.

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