Organspende

Jetzt gilt die Reform

Die Reform der Organspende ist seit heute in Kraft. Die Entscheidungslösung folgt im November. CSU-Politiker Singhammer will jedoch aufgrund des Skandals in Göttingen mehr Staatsaufsicht über Spenderorgane. BÄK-Chef Montgomery nennt diesen Vorschlag Unsinn.

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Organspendeausweise: Mehr davon soll es geben.

Organspendeausweise: Mehr davon soll es geben.

© Frank May / dpa

BERLIN (sun/eb). Der Organspendeskandal wird zwar schrittweise aufgearbeitet - unabhängig davon gelten seit heute, 1. August, neue Regelungen bei Transplantationen.

Bereits im Mai wurde diese Reform im Bundestag beschlossen, im Juni stimmte der Bundesrat zu. Vor allem werden damit Änderungen beim Ablauf der Spende vorgenommen.

Alle Kliniken, die Organe entnehmen, müssen Transplantationsbeauftragte bestellen. Eine bei der Bundesärztekammer angesiedelte Prüfungskommission nimmt zudem Transplantationszentren und Entnahmekliniken genauer unter die Lupe.

Bei Verstößen gegen das Transplantationsgesetz informiert sie die zuständigen Länderbehörden.

Auch die Situation der Lebendspender wird verbessert. Die Kasse des Organempfängers kommt für die Kosten der Organentnahme, Vor- und Nachbehandlung, Reha-Behandlung und das Krankengeld auf.

Für Folgeerkrankungen der Spender wird anschließend die Kasse des Spenders zahlen. Außerdem werden Lebendorganspender im Rahmen der Behandlung von Zuzahlungen befreit.

Option Gesundheitskarte

Mit dem geänderten Transplantationsgesetz werden rechtliche Vorgaben der Europäischen Union umgesetzt.

Die Regelungen zur Entscheidungslösung folgen am 1. November. Dazu sollen alle gesetzlich und privat Krankenversicherte ab dem 16. Lebensjahr zu ihrer Spendenbereitschaft gefragt werden.

Das soll dazu beitragen, die Zahl der Organspenden zu erhöhen. Bislang galt in Deutschland die sogenannte Zustimmungslösung.

Zudem sollen die gesetzlichen Kassen künftig Informationsmaterial und einen Organspendeausweis bei der Ausgabe der Gesundheitskarte und die Privatversicherer beim Versand der Beitragsmitteilungen beilegen.

Die Entscheidung der Versicherten soll auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden können. Dazu fehlen momentan jedoch noch die technischen Voraussetzungen.

Auch Bürgerämter und Passstellen werden dann in die Pflicht genommen: Sie sollen künftig bei der Ausgabe von Ausweisen und Pässen Organspendeausweise und Informationsmaterial beilegen.

Staatsaufsicht gefordert

Es bleibe jedoch abzuwarten, wie viel die Pläne tatsächlich helfen werden, die Spendebereitschaft zu erhöhen, warnen Kritiker. Denn: Mit dem Organspendeskandal in Göttingen sei das Vertrauen der Bürger massiv verspielt worden.

Jetzt forderte die Union eine Staatsaufsicht für die Spendeorgane. "Es ist nach dem Skandal an der Uni-Klinik Göttingen nicht mehr verantwortbar, auf die Selbstverwaltung zu setzen", sagte CSU-Politiker Johannes Singhammer der Zeitung "Die Welt".

Die Aufsicht über Organspende und Organtransplantationen müsse künftig staatlich erfolgen. Aus Sicht von Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), ist dieser Vorschlag Unsinn.

"Die Tatsache, dass man eine neue Behörde einsetzt, macht die Situation nicht besser", sagte Montgomery der "Ärzte Zeitung".

Gerade das Beispiel in Göttingen belege, dass staatliche Institutionen versagt hätten. Sinnvoller sei es daher, der Selbstverwaltung mehr Kompetenzen zu geben - zum Beispiel bei der Prüfungskommission, forderte der BÄK-Chef.

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Kommentare
Uwe Schneider 05.08.201222:14 Uhr

Sowohl Selbstverwaltung als auch Staatsaufsicht angezeigt.

Da sind mal wieder zwei Hitzköpfe aneinandergeraten: Singhammer will in Zukunft nur Staatsaufsicht, Montgomery weiterhin nur (wenn auch gestärkte) Selbstverwaltung. Bei einem so sensiblen Thema bietet sich aber "ein sowohl als auch" an. Eine Selbstverwaltung, insbes. die BÄK und ggf. auch die DSO, mit mehr Kontrollkompetenzen. Und darüber noch eine Staatsaufsicht, die es so bislang über die BÄK als solche, die es über diese - jedenfalls rechtsförmlich betrachtet - private Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Landesärztekammern bislang nicht gab. Gleiches gilt natürlich für ein Mehr an Kontrolle über die DSO, die auch aus Gründen der unwirtschaftlichen Mittelverwendung in die Kritik geraten ist.

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