Versorgungsgesetz

KBV-Spitze fehlt die Phantasie für Spahns Kontrollbürokratie

Längere Umsetzungsfristen, kein Einfluss der Länder auf die Bedarfsplanung: Die KBV schnürt ein Paket mit Änderungsvorschlägen zum Versorgungsgesetz von Jens Spahn. Doch es gibt auch Lob für den Gesundheitsminister.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Der KBV-Vorstand verhandelt mit dem GKV-Spitzenverband über das Honorar 2019: (v.l.n.r.) stellvertretender Vorstandsvorsitzender Dr. Peter Hofmeister, Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen und Vorstand Dr. Thomas Kriedel.

Der KBV-Vorstand verhandelt mit dem GKV-Spitzenverband über das Honorar 2019: (v.l.n.r.) stellvertretender Vorstandsvorsitzender Dr. Peter Hofmeister, Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen und Vorstand Dr. Thomas Kriedel.

© Georg J. Lopata

BERLIN. Wenn in der kommenden Woche die Verbände zur Fachanhörung in Sachen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) geladen werden, werden die Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zahlreiche Kritikpunkte im Gepäck haben.

Im Kern kritisieren die Vertragsärzte die kleinteiligen Regelungsansätze des Gesetzes, deren Einhaltung die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen und gegenüber den Aufsichtsbehörden dokumentieren sollen.

"Wir haben noch keine Phantasie, wie und mit welcher Bürokratie wir die geforderten Kontrollaufgaben wahrnehmen sollen", sagte KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister am Dienstag vor Journalisten in Berlin.

Viele offene Fragen

Konkret geht es vor allem um die "Überwachung" (O-Ton Bundesgesundheitsministerium) der von 20 auf 25 Stunden aufgestockten Mindestsprechzeiten. Auf die KVen sollen ausweislich des Referentenentwurfs des Gesetzes eine Reihe neuer Abrechnungspositionen zukommen, die nach Ansicht der KBV-Spitze nicht in jedem Fall leicht zu identifizieren und voneinander abzugrenzen sein werden.

Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Vermittlung von Facharzt-Terminen durch Hausärzte, die Behandlung von Patienten, die durch Terminservicestelle vermittelt werden, die Behandlung von neuen Patienten in der Praxis, um Leistungen, die in den mit dem Gesetzentwurf geforderten offenen Sprechstunden bei Haus- und Kinderärzten, konservativ tätigen Augenärzten, Frauen- und HNO-Ärzten für Patienten ohne Termin erbracht werden sollen und mehr.

"Wann und wie wird denn der Patient als neu definiert", fragte KBV-Vorstand Dr. Thomas Kriedel. Die Entbudgetierung der Grundpauschalen wäre einfacher gewesen, lautet daher die einhellige Meinung der KBV-Oberen.

Lob für bessere Vergütung

Positiv wertet KBV-Chef Dr. Andreas Gassen aber, dass die mit dem Gesetzentwurf von den Ärzten geforderten Mehrleistungen nach dem Willen der Politik auch bezahlt werden sollen. Er rechne dafür mit 500 bis 600 Millionen Euro im Jahr. "Damit haben wir die Chance, dass etwas mehr Versorgung auf die Straße kommt", sagte Gassen.

Die KBV-Spitze setzt auf die Ankündigungen von Gesundheitsminister Jens Spahn, das Geld der Leistung folgen zu lassen. Man sei aber sicher, dass die Kassenseite bereits Druck auf den Minister ausübe und im Fall der Umsetzung der Vergütungspläne den "Untergang des Abendlandes" ankündige, sagte Gassen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, die Länder mit Planungskompetenzen auch für die ambulante Versorgung auszustatten. Sie sollen künftig ländliche Gebiete definieren, in denen Zulassungssperren entfallen. Dementsprechend sollen die Länder ein Mitberatungs- und Antragsrecht in den Zulassungsausschüssen enthalten. Kein guter Vorschlag, finden die Vertreter der KBV.

Es wäre schlauer, die Bedarfsplanung weiterhin von Leuten machen zu lassen, die sich darin auskennen würden. Immerhin habe das aktuelle Gutachten zur Bedarfsplanung für den Gemeinsamen Bundesausschuss der Selbstverwaltung bescheinigt, bei der Verteilung ärztlicher Kapazitäten in der Fläche einen guten Job gemacht zu haben.

"Sollen wir die Versorgungsplanung wirklich in die Hände der Macher von BER und Stuttgart 21 legen", warnte Gassen vor mehr Einfluss der Länder.

Die Zeit drängt

Für den 22. August ist die Fachanhörung angesetzt. Die weiteren parlamentarischen Beratungen werden nach der Sommerpause des Bundestags ab September folgen. Zahlreiche Punkte des Gesetzes sollen aber bereits zum 1. April 2019 umgesetzt sein, zum Beispiel die EBM-Ziffern für die neuen Leistungen.

Dieser Fahrplan sei sehr knapp für ein Gesetz, das voraussichtlich zum 1. Januar 2019 in Kraft treten werde, heißt es bei der KBV. "Es ist von vorneherein klar, dass die Fristen nicht einzuhalten sind", sagte Gassen. Hier sei Augenmaß vonnöten: Zumal alle Änderungen rechtzeitig in die PVS eingepflegt werden müssten.

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