Notaufnahmen

KV Niedersachsen bremst bei Portalpraxen

In Niedersachsen laufen Portalpraxen an einigen Standorten bereits erfolgreich. Nun soll das Konzept ausgeweitet werden – idealerweise flächendeckend. Die KV ist skeptisch.

Von Christian Benecker Veröffentlicht:

HANNOVER. Niedersachsen will flächendeckend Portalpraxen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser etablieren und die Notfallversorgung im Land unter anderem mithilfe digitaler Abstimmung der Akteure verbessern.

Das kündigte Niedersachsens Sozialministerin Dr. Carola Reimann (SPD) an. Es gehe darum, lange Wartezeiten in überfüllten Notaufnahmen abzubauen, hieß es.

Reimann will in den Notaufnahmen der Krankenhäuser mehr Portalpraxen einführen und zwar in gemeinsamer Finanzierung der KV und der Krankenhausgesellschaft, sagte die Ministerin. So steht es im Übrigen auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung.

Die KV Niedersachsen kooperiert bereits in Projekten mit den Notaufnahmen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und des Klinikums Braunschweig. Sie haben Portalpraxen eingerichtet.

Indessen gibt es noch eine Menge zu besprechen, um solche Projekte landesweit auszurollen. "Selbst wenn klar wäre, wer die Ärzte an den Portalpraxen bezahlt, ist offen, woher diese Ärzte kommen sollen", sagt Detlef Haffke, Sprecher der KV Niedersachsen. "Wir können ja kein Personal aus den Praxen abziehen."

KVN: 190 Portalpraxen nötig

Für ein flächendeckendes System müssten in Niedersachsen 190 Portalpraxen an Krankenhäusern etabliert werden, teilt die KVN mit. "Allein die Einrichtungskosten dafür belaufen sich auf schätzungsweise mindestens 21 Millionen Euro, so Haffke.

"In einem Drei-Schichten-Betrieb, sieben Tage in der Woche wären 950 (Haus-)Ärzte zusätzlich notwendig. Nahezu jeder fünfte niedergelassene Hausarzt müsste dann Dienst in einem Krankenhaus machen."

So kann auch nicht jedes Haus eine solche Portalpraxis haben. Die passenden Krankenhäuser müssten Vollversorger sein, um wirklich jeden Patienten im Zweifel weiterbehandeln zu können, so die KVN.

Andererseits könne zum Beispiel in Hannover nicht jedes große Haus eine Portalpraxis bieten, weil das Patientenaufkommen für alle womöglich zu klein wäre.

Die Krankenhäuser ihrerseits klagen, dass die KVen für die ambulante Notfallversorgung in den Klinik-Notaufnahmen bisher zu wenig zahlen.

"Wir haben errechnet, dass eine Notfallbehandlung im Schnitt rund 120 Euro kostet", sagt Joachim Odenbach, Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft. "Die KVen zahlen aber im Schnitt nur 35 Euro."

Webbasiertes Notfallsystem "nach Möglichkeit" ausbauen

Hier solle der Gesetzgeber eingreifen, so Reimann. Sie erwartet, dass der Bund "Vorschläge für eine gemeinsame Sicherstellung der Notfallversorgung von Krankenhausgesellschaften und Kassenärztlichen Vereinigungen in gemeinsamer Finanzverantwortung vorlegen werde."

Neben den Portalpraxen soll auch das webbasierte Notfallsystem "Interdisziplinärer Versorgungsnachweis" (IVENA) niedersachsenweit "nach Möglichkeit" ausgebaut werden, sagte Reimann.

In den Regionen Oldenburg, Osnabrück, Hannover sowie zehn weiteren Landkreisen und kreisfreien Städten sind die Krankenhäuser und die Rettungswagen über die Rettungsleitstelle bereits online miteinander verbunden.

So können sie im Notfall fortlaufend abgleichen, welches Krankenhaus Platz hat und die passenden Diagnose- und Behandlungsmethoden für den Notfallpatienten bereithält.

Die Patienten sollen auf diese Weise ohne Irrwege in das nächste geeignete Krankenhaus gebracht und dort behandelt werden.

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