Montgomery

Keine Tötung auf Verlangen

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BERLIN. Der Ton in der Auseinandersetzung um ein Sterbehilfe-Gesetz wird schärfer. Ärzte-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery hat Vorstöße zurückgewiesen, Ärzte könnten zur Suizidbeihilfe herangezogen werden.

"Wer Ärzte an ‚qualitätsgesicherten, klinisch sauberen‘ Suiziden beteiligen will, verwischt die Grenze zur Tötung auf Verlangen und zur Euthanasie", sagte Montgomery dem Magazin "Focus".

Damit reagierte der Ärzte-Präsident unter anderem auf Burkhard Lischka (SPD), rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Dieser gilt als Befürworter einer Erlaubnis zur Sterbehilfe.

Er zeigte sich aber bereit, die organisierte gewerbliche Sterbehilfe zu verbieten, "wenn wir gleichzeitig eine ärztliche Sterbehilfe zulassen", hatte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" gesagt. Dadurch würden Betroffene "vor Quacksalbern, Scharlatanen und Geschäftemachern" geschützt.

Befeuert hat die Debatte zudem Bundestagsvize-Präsident Peter Hintze (CDU). Dem "Spiegel" sagte er, der "ärztlich assistierte Suizid in unerträglichen Situationen am Lebensende (solle) ohne jeden Zweifel straffrei sein, wenn der Patient dies wünscht und der Arzt in einer Gewissensentscheidung zu dem Ergebnis kommt, dass er diesem Wunsch nachkommen will".

Mehrere unterschiedliche Rechtspositionen zur Sterbehilfe

Der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe warnte vor einer "einschneidenden Änderung" der Rolle von Ärzten in diesem Zusammenhang: "Statt wie bisher dem Patienten gegenüber das unbedingte Ja der Solidargemeinschaft zu dessen Existenz zu repräsentieren, würde er dem Patienten nun die Option einer Beendigung seiner Existenz zur Wahl stellen", so Hüppe.

Bislang kristallisieren sich auf der Basis von Wortmeldungen verschiedener Abgeordneter mehrere unterschiedliche Rechtspositionen zur Sterbehilfe heraus. Am wenigsten strittig dürfte dabei sein, dass die Arbeit von organisierten Sterbehilfevereinen schärfer kontrolliert werden soll.

Vertreter aus der Union wollen die Tätigkeit dieser Vereine per Strafrecht verbieten lassen, andere Abgeordnete wie beispielsweise Renate Künast (Grüne) widersprechen einem solchen Schritt.

Im Herbst sollen nach einem gemeinsam von Union und SPD vereinbarten Fahrplan die Abgeordneten - interfraktionelle - Gruppenanträge erarbeiten. Diese sollen dann im Frühjahr 2015 im Bundestag beraten werden, im Herbst kommenden Jahres ist dann die Abstimmung geplant. (fst)

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 14.08.201409:13 Uhr

wo bleiben Ihre Argumente, Lutz Barth?

Sie wollen ein "Grundrecht zum Töten"?
In welcher Verfassung soll das stehen?
Wer hat so ein "Grundrecht", jeder Mensch?
Oder dachten Sie an ein Sonderrecht nur für Ärzte?

Lutz Barth 13.08.201415:33 Uhr

BÄK-Präsident bleibt im Fokus der Kritik!

In der Tat sollte es nicht um „eine Person“ gehen, wenngleich doch auffällig ist, dass gerade diese Person den vermessenen Anspruch erhebt, unverhohlen über das ärztliche Berufsrecht unmittelbar die individuelle ärztliche Gewissensfreiheit beugen zu wollen. Insofern muss sich auch diese Person Kritik gefallen lassen, zumal in Kenntnis dessen, dass immerhin der jetzige Präsident der BÄK zugleich der Mitinitiator der verfassungsrechtlich bedenklichen Regelung in § 16 Ä-MBO war, obgleich sein Vorgänger meinte, eine liberale Regelung auf den Weg bringen zu wollen.

Jenseits von Hippokrates und/oder eines Hufelands oder eines aktuell amtierenden Präsidenten der BÄK bezieht die Medizinethik zugleich auch ihre wesentlichen – nicht selten korrigierenden (!) – Impulse vom Recht und dies gilt umso mehr, als dass Ärztefunktionäre sich dazu aufschwingen, unmittelbar die Grundrechte ihrer Kolleginnen und Kollegen und mittelbar diejenigen der schwersterkrankten Patienten beschneiden zu wollen.

Dies kann und darf nicht hingenommen werden und es ist höchste Zeit, dass der oberste Repräsentant der Ärzteschaft ein wenig bei seinem „Engagement“ eingebremst wird! Die BÄK ist weiter denn je davon entfernt, als „moralische Autorität“ in unserer Gesellschaft wahrgenommen zu werden, auch wenn es freilich den Ärztefunktionären unbenommen bleibt, ihre ureigene Gewissensentscheidung zu bilden und zu treffen.

Von daher mag man/frau es mir nachsehen, wenn in erster Linie der derzeit noch amtierende Präsident der BÄK in den Fokus der Kritik gerät, der allzu häufig vorschnell mal „Sonntagsreden“ schwingt, obgleich er wissen müsste, dass renommierte Medizinethiker eine völlig andere Auffassung hegen und zumindest dafür plädieren, an dem eisernen Grundsatz der ärztlichen Gewissensentscheidung festzuhalten, so wie es bei der Problematik um den Schwangerschaftsabbruch der Fall ist.

Montgomery sollte sich darauf besinnen, dass auch Ständeorganisationen nicht nach Belieben Grundrechte „versenken“ können und es vielmehr dem Berufsstand der Ärzteschaft schadet, wenn er unverdrossen seiner Linie treu bleibt, gleichsam mit dem Amt des Präsidenten die Vorstellung zu hegen, er besitze die moralische und ethische Integrität, die Gewissensentscheidungen seiner Kollegenschaft „ersetzen“ zu können.

Dr. Wolfgang P. Bayerl 12.08.201408:16 Uhr

Es geht um die Sache, Kollege, nicht um eine Person.

Wenn es eine "Medizin-Ethik" überhaupt gibt (Hypokrates), so verbietet sie selbstverständlich das aktive Töten,
gerade auch weil Ärzte das "mit der linken Hand" könnten.
Eine humane Gesellschaft mach ja auch halt vor der Todesstrafe.
Ethik ist wie alle Gesetze "menschengemacht". Die Selbstbeschränkung, wenn es um Leben oder Tod geht erscheint mir eine wichtige ethische Grenze, die nicht überschritten werden sollte.
Sie wird oft genug missachtet!!! Man liest und hört wieder Kriegspropaganda!
Das geht also nicht nur Ärzte an.
Ärztliche Pflicht ist es dagegen,
das "Sterben" so menschlich und menschenwürdig wie möglich zu machen
und jeder der etwas davon versteht weis,
dass das NICHT auf eine zeitliche Verkürzung herausläuft, eher das Gegenteil.
Palliativmedizin genannt, nichts neues.
Tod nicht durch Verhungern, Verdursten, schlimmer mit Darmverschluss oder großen Schmerzen.
Das ist ärztliche Aufgabe.

Lutz Barth 12.08.201406:06 Uhr

"Schuster bleibt bei Deinen Leisten"!

Mit Verlaub: Es bleibt dem Präsidenten der BÄK unbenommen, seine individuelle Gewissensentscheidung zur Sterbehilfeproblematik zu verkünden. Gleichwohl bleibt er aufgerufen, sich inhaltlich intensiver mit den ethischen Grundsatzfragen der Suizidbeihilfe auseinander zu setzen und hierbei insbesondere die Statements renommierter Medizinethiker aus den eigenen Reihen auf sich wirken zu lassen.

Allein der Umstand, dass er derzeit der Präsident der BÄK ist, verleiht ihm sicherlich nicht die Kompetenz, gebetsmühlenartig seinen Berufskollegen eine „ärztliche Gewissensentscheidung“ diktieren zu wollen, die beileibe nicht von allen Ärztinnen und Ärzten geteilt wird, mal ganz davon abgesehen, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sich vermehrt für eine liberale Regelung der „Sterbehilfe“ ausgesprochen hat.

Der Präsident der BÄK geriert sich zuweilen als ethischer Zuchtmeister seiner Kollegenschaft – eine selbst auferlegte Aufgabe, die wahrzunehmen ihm aufgrund hochrangiger Freiheitsrechte auch seiner Kollegen schlicht und ergreifend nicht zukommt!

Mir persönlich ist es völlig unklar, weshalb die verfasste Ärzteschaft nicht gegen die ethische Zwangskollektivierung einiger hochrangiger Ärztefunktionäre aufbegehrt und darauf hinweist, dass „Oberethiker“ in ihrem Berufsstand angesichts der ärztlichen Gewissensfreiheit eher fehl am Platze sind.

Es ist unerträglich, mit welcher Leichtigkeit über zentrale Grundrechte sowohl der Ärzte aber eben auch der schwersterkrankten und sterbenden Patienten hinweggefegt wird. Man sollte nicht „nur“ die „Kirchen, sondern im Zweifel auch die Mär von einer strikt lebensbejahenden Medizinethik im Dorf“ lassen, die ein selbstbestimmtes Sterben ggf. auch bei einer ärztlichen Assistenz verunmöglicht.

Die Position des Präsidenten der BÄK ist nicht anschlussfähig, läuft diese doch auf eine Zwangsethisierung hinaus.

Es bleibt zu hoffen, dass die politisch Verantwortlichen ein anderes Verständnis von Freiheitsrechten hegen und sich vorbehaltlos zu den zentralen Freiheitsrechten bekennen, ohne dem „Charme“ und den „Sonntagsreden“ einiger Oberethiker zu erliegen, die von der Sache her auch inhaltlich mit den gewichtigen Fragen der Suizidbeihilfe überfordert zu sein scheinen.

Der scheinbare fundierte „Ethikdiskurs“ über das frei verantwortliche Sterben zeichnet sich vielfach durch Geschwätzigkeit aus und zwar gerade von Vertretern der Ärzteschaft, die da im Zweifel meinen, allein ihr übernommenes Amt bürge für die Qualität ihrer Statements. Dem ist mitnichten so und es wird dringend davor gewarnt, aufgrund der von einigen Ärztefunktionären gezündeten „medizinethischen Nebelbomben“ den Blick für das Wesentliche zu verlieren!

Auch Ärztefunktionäre sollten nur von dem reden, wovon sie Ahnung haben, wenngleich ihnen selbstverständlich auch das Recht zu konzedieren ist, uns an ihren eigenen Gewissensentscheidungen teilhaben zu lassen. Problematisch ist allerdings, wenn man/frau glaubt, „ethische Wahrheiten“ zu verkünden und damit der Anschein erweckt wird, als sei man/frau als „moralische Autorität“ anerkannt.

Ärztefunktionäre sollten sich disziplinieren und sich vielmehr in Erinnerung rufen, dass die eigenen Kolleginnen und Kollegen keiner ethischen (Zwangs-)Erziehung bedürfen!

Wie vermessen muss eine Berufsvertretung sein, die da meint, unverhohlen die Gewissensentscheidung ihrer Kollegenschaft beugen zu können?

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