Kopfpauschale: Aus 29 werden 86 Euro - Prämie steigt schneller als gedacht

Wie hoch wird die Prämie? Im Auftrag des DGB wurden vier Szenarien durchgerechnet. Fazit: Geringverdiener sind schon bei 29 Euro die Verlierer.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Anzugträger oder Handwerker - wer profitiert von der geplanten Gesundheitsprämie am Stärksten? © [M] White Collar: Gregor | Blue Collar: Pawlowska / fotolia.com

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KÖLN. Die Einführung einer Prämie von 29 Euro als Ergänzung zum Krankenversicherungsbeitrag wird die Finanznot der Kassen nur kurzfristig lösen. Auch bei einem moderaten Anstieg der Ausgaben wird schnell eine höhere Prämie nötig. Die Erhebung von 29 Euro als Pauschale statt des Arbeitnehmerzusatzbeitrags von 0,9 Prozent belastet Geringverdiener unverhältnismäßig stark.

Das sind Ergebnisse einer Untersuchung des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE) im Auftrag der vom Deutschen Gewerkschaftsbund eingesetzten Reform-Kommission "Für ein solidarisches Gesundheitssystem der Zukunft".

Die Wissenschaftler haben vier Szenarien durchgerechnet. Danach wäre bei einer Prämie von 29 Euro, wie sie Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler laut Medienberichten vorschwebt, ab 2016 eine Anhebung notwendig. Dabei werden gleichbleibende Einnahmen, eine jährliche Ausgabensteigerung von einem Prozent und ein Fortführen des Steuerzuschusses angenommen. Im Jahr 2030 müssten die Versicherten dann schon eine Prämie in Höhe von 86,13 Euro zahlen. Versicherte mit einem Einkommen von 1000 Euro im Monat würden sich bei der Umstellung vom 0,9-prozentigen Beitragssatz, den die Arbeitnehmer bislang allein schultern, auf eine Prämie von 29 Euro deutlich schlechter stellen. Faktisch würden sie dann 16,9 Prozent des Einkommens für die Krankenversicherung aufbringen müssen statt bislang 14,9 Prozent. Günstiger würde das neue Verfahren für Versicherte mit einem Einkommen ab 3500 Euro.

Die IGKE-Forscher haben auch berechnet, wie sich das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags auf 7,0 Prozent bei gleichzeitigem Verzicht auf eine Prämie auswirken würde. Nach dieser Berechnung müssten Arbeitnehmer im Jahr 2020 einen Beitragssatz von 9,59 Prozent statt heute 7,9 Prozent bezahlen. 2030 wären es schon 12,19 Prozent.

Die Ergebnisse zeigen nach Ansicht des kommissarischen Leiters des IGKE, Dr. Markus Lüngen, dass Reformen auf der Einnahmenseite der GKV allein nicht ausreichen. "Die Kopfpauschale löst nicht die Probleme, man muss auch an die Ausgabenseite gehen", sagt Lüngen der "Ärzte Zeitung". Das IGKE plant weitere Simulationsrechnungen. Ein Beispiel: die Auswirkung eines jährlichen Ausgabenanstiegs von zwei Prozent. "Die Diskussion beginnt jetzt erst", sagt Lüngen.

Lesen Sie dazu auch: "Die Kopfpauschale ist das Hartz IV der GKV" DGB startet eigene Reformkommission zu Gesundheit DGB macht Front gegen Gesundheitsprämie

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