Neuer Chef fürs Gesundheitsressort an der Saar?

Am Sonntag wird im Saarland gewählt. Im Wahlkampf spielte die Gesundheitspolitik keine Rolle. Spannender wird die Frage, wer künftig das Ministerium leitet - die SPD hat schon mal eine "Schattenministerin" nominiert.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:

SAARBRÜCKEN. Bei der Landtagswahl am Sonntag im Saarland zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und FDP auf der einen Seite und SPD, Grünen und Linken auf der anderen Seite ab. Es ist so spannend wie lange nicht mehr. Nur eines ist sicher: Die Gesundheitspolitik an der Saar wird am Ende nicht den Ausschlag geben.

"Für mich als Hausarzt war der Wahlkampf verschlafen und langweilig", klagt Ärztekammer-Vorstandsmitglied Dr. Eckart Rolshoven. "Die Gesundheitspolitik habe ich überhaupt nicht wahrgenommen". Auch in den Wahlprogrammen ist die Gesundheit kaum ein Thema. CDU und SPD widmen dem Bereich gerade mal zwei Seiten. Und als die Ärztekammer an der Saar im Sommer ihre "Wahlprüfsteine" mit sieben Fragen zur Gesundheitspolitik an die Parteien verschickte, musste sie erst mal nachhaken, um überhaupt von allen Antworten zu bekommen.

Dabei gibt es auch im Saarland durchaus "heiße Eisen". So muss nächstes Jahr ein neuer Krankenhausplan beschlossen werden. Die Krankenkassen drängen hier schon seit Jahren auf eine Senkung der Klinikkosten. Die AOK will vor allem in den Ballungsräumen Saarbrücken und Neunkirchen Klinik-Schließungen.

Wie geht es weiter mit der Uni-Klinik Homburg?

Und was sagen die Parteien in ihren Wahlprogrammen dazu? Gar nichts. Zunächst solle ein Gutachten abgewartet werden, hatte Saar-Gesundheitsminister Professor Gerhard Vigener (CDU) schon vor dem Wahlkampf erklärt. Erst danach könne man mehr sagen.

Konkreter sind die Parteien mit ihren Vorstellungen zur Zukunft des Universitätsklinikums Homburg/Saar. SPD und Linke lehnen eine Privatisierung der Uniklinik strikt ab. Die FDP wirbt dagegen dafür, das Klinikum in eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Die Uniklinik soll außerdem die Möglichkeit bekommen, mit den Gewerkschaften Haustarifverträge abzuschließen. Die Grünen wollen die Umweltmedizin als fächerübergreifenden Forschungsschwerpunkt in Homburg etablieren. "Entscheidungen, die die Gesundheit (…) betreffen, sollen in unserem Land nicht mehr ohne ein qualifiziertes und unabhängiges Votum der Umweltmedizin erfolgen", heißt es im Wahlprogramm der Partei.

Liberale setzen auf Freiberuflichkeit

Die FDP befasst sich in ihrem Wahlprogramm ausführlicher mit den niedergelassenen Ärzten. Die Liberalen wollen die Freiberuflichkeit stärken, das Belegarztsystem erhalten und dafür sorgen, dass sich wieder mehr junge Ärzte dazu entschließen, eine Praxis zu übernehmen. Konkret schlägt die FDP vor, zu prüfen, ob das Ausmaß von Zertifizierungen und Qualitäts-Checks gerade für kleine Praxen nötig ist.

Völlig offen ist noch, wer nach der Landtagswahl saarländischer Gesundheitsminister wird. Amtsinhaber Vigener von der CDU war im vergangenen Jahr als Nachfolger von Josef Hecken, der heute Präsident des Bundesversicherungsamts ist, nach Saarbrücken gekommen - quasi als Übergangslösung. Seitdem hat sich der 62-jährige Jurist aus Heidelberg im Saarland aber gut geschlagen. Auch von Ärztekammer-Vorstand Rolshoven gibt es Lob für den Minister: "Der hat sich schnell eingearbeitet. Das war okay."

Trotzdem wird Vigener bei einer Koalitionsregierung möglicherweise wieder weichen müssen - wenn die zu verteilenden Posten für die Saar-CDU knapp werden oder die FDP den Zuschlag für das Gesundheits-Ressort haben will. Oder die SPD steigt in die Regierung ein - ob in einer Großen Koalition oder in einem Bündnis mit Grünen und Linken. Die Sozialdemokraten haben als "Schatten-Ministerin" für das Ressort bereits ihre stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag, Cornelia Hoffmann-Bethscheider, nominiert. Die 41-jährige Rechtsanwältin und Meisterin in der japanischen Reiki-Heilkunst des Handauflegens hatte den Kassenärzten erst im Frühjahr bei den Protesten wegen der Honorarreform die Leviten gelesen und erklärt, es sei "beschämend", dass die Ärzte ihre Verteilungskonflikte auf dem Rücken der Patienten austragen wollten. Kommen bei "Rot-Rot-Grün" im Saarland also harte Zeiten auf die Mediziner zu? Ärztekammer-Vorstand Rolshoven sieht's gelassen: "Das kann uns ziemlich Wurscht sein", meint er. "Schlimmer als Ulla Schmidt in Berlin können die Linken hier die Politik auch nicht machen".

Die Antworten der Parteien zu den "Wahlprüfsteinen" der Saar-Ärztekammer unter: www.aerztekammer-saarland.de

Auch die "Vitamin-Partei" tritt im Saarland an

Bei der jüngsten Vorwahlumfrage der ARD Mitte August wurden für die CDU im Saarland 38 Prozent, die SPD 26 Prozent, die Linke 15 Prozent, die FDP neun und die Grünen sechs Prozent ermittelt. Bei der Landtagswahl 2004 hatte die CDU noch 47,5 Prozent und die SPD 30,8 Prozent erreicht. Die Grünen kamen vor fünf Jahren auf 5,6 Prozent, die Liberalen auf 5,2 Prozent und die PDS auf 2,3 Prozent. Für die 51 Mandate im saarländischen Landtag gibt es mehrere hundert Bewerber.

Auf den vorderen Listenplätzen sind wie vor fünf Jahren keine Ärzte.

Insgesamt treten zehn Parteien zur Wahl an: Neben CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken bewerben sich Familienpartei, Freie Bürger Union, Freie Wähler/ Bürgerbündnis und die NPD. Eine Gruppierung hat sich fast ausschließlich das Thema Gesundheit auf die Fahnen geschrieben. Die Liste "Gesundheit unser Recht" wirbt für den Einsatz hoher Dosen von Vitaminen und Mineralien, um damit unter anderem Krebs und Demenz zu bekämpfen. (kin)

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