Obwohl Reha sinnvoll wäre, streben viele Langzeitarbeitslose nach der Frührente

CHEMNITZ (tra). Rechtzeitige Rehabilitation kann Patienten beim Bewältigen von Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit helfen und ihr Leistungsvermögen stabilisieren. Aus Sorge vor sozialem Abstieg stellen Langzeitarbeitslose in Ostdeutschland trotzdem eher Renten- als Reha-Anträge.

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Das wurde bei einem Symposium über psychosoziale Folgen von Arbeitslosigkeit in der Klinik Carolabad in Chemnitz deutlich. "Wer länger arbeitet, lebt länger. Das ist bewiesen", sagte die Ärztin der Deutschen Rentenversicherung, Dr. Ina Überschär. Arbeitslosigkeit führe dagegen zu einem so genannten Disuse-Effekt, also fehlendem Trainingsanreiz.

Trotzdem streben vor allem Arbeitslose mit geringen Chancen am Arbeitsmarkt in die Frührente. Die Zahl der Anträge in Ostdeutschland liegt um 50 Prozent über dem Vergleichswert für Baden-Württemberg. Dagegen werden in Ostdeutschland im Vergleich 25 Prozent weniger Reha-Anträge gestellt.

Frührentner sehen sich eher akzeptiert als Harz-IV-Empfänger.

In beiden Fällen bilden Arbeitslose die größte Gruppe. In beiden Regionen ist die Zahl der Versicherten etwa gleich. "Nicht alle Rentenanträge in Ostdeutschland sind medizinisch gerechtfertigt. Für die Frührente sind viele Antragsteller nicht krank genug", sagte die Ärztin Überschär.

Gründe für das Streben nach einer medizinischer Begründung für den Abschied vom Arbeitsleben sieht Überschär in der unterschiedlichen gesellschaftlichen Wahrnehmung von Sozialleistungen. "Ein Erwerbsminderungsrentner fühlt sich in der Regel mehr akzeptiert als ein Hartz-IV-Empfänger", sagte die Ärztin.

Frühverrentung widerspricht allerdings Erkenntnissen über die Leistungsfähigkeit im Alter. "Wer heute 70 Jahre alt ist, ist oft genauso fit wie ein 60-Jähriger im Jahr 1970", sagte Überschär. Geistige Potenziale blieben lange erhalten, selbst wenn die Körperkräfte nachlassen. "Wir können helfen. Arbeitslose sollten nicht aus Versehen oder Unkenntnis zu einem vorzeitigen Rentenantrag aufgefordert werden", sagte sie.

Reha-Antrage in Ostdeutschland haben im bundesweiten Vergleich die besten Chancen auf Bewilligung. Mit 73 Prozent Zusagen weist die Region den Angaben der Deutschen Rentenversicherung nach den bundesweit höchsten Wert auf.

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