Verbandstag
Primärarztsystem: Hausärzte fordern mutige Reformen von der Bundesregierung
Top-Thema auf dem Hausärztetag in Berlin ist die Einführung des viel diskutierten Primärarztsystems. Von der Politik fordern die Hausärzte stärkeren Veränderungswillen – und sehen die Patienten auf ihrer Seite.
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Fordern Reformwillen vom Bund: Nicola Buhlinger-Göpfarth (l) und Markus Baier, Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes.
© Hannes P Albert / dpa / picture alliance
Berlin. Zum heute in Berlin gestarteten Hausärztetag hat der Verband die Bundesregierung zu mutigen Reformschritten aufgefordert.
„Im politischen Berlin wird viel über die künftigen Herausforderungen durch den demografischen Wandel diskutiert – doch die konkreten Folgen sind längst spürbar in unseren Praxen“, sagte Dr. Markus Beier, Co-Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes.
Dabei steigt nicht nur die Belastung in den Hausarztpraxen, sondern auch die Patientinnen und Patienten sind alarmiert. Nach einer Umfrage des Hausarztverbandes machen sich fast Dreiviertel der Befragten (72,4 Prozent) Sorgen, dass die medizinische Versorgung aufgrund der älter werdenden Bevölkerung in Zukunft nicht mehr gewährleistet werden kann.
Befragte Patienten zweifeln am Reformwillen der Regierung
Zugleich haben die Befragten großen Zweifel, dass die Bundesregierung dem Thema ausreichend Priorität einräumt. 72,9 Prozent sagen nein.
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„Die Menschen haben ein sehr Gutes gefühl, wie ist die Lage“, kommentierte Beier die Umfrageergebnisse und beklagte die „wilden Diskussionen“ um das im Koalitionsvertrag festgeschriebene „verbindliche Primärarztsystem“. Die Politik müsse die Diskussion jetzt mit „klaren Konzepten“ führen.
„Das Rad muss nicht neu erfunden werden“, so Professorin Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. „Wir haben mit der Hausarztzentrierten Versorgung bereits alles an der Hand, was wir benötigen.“
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Primärarztmodell: „Das trauen wir uns zu“
Die Patienten sieht der Verband dabei auf seiner Seite. Laut Umfrage wäre eine Mehrheit (62,9 Prozent) bereit, an einem Hausarztprogramm teilzunehmen und immer zuerst die Hausarztpraxis aufzusuchen.
Auf die Hinweise, dass in Zeiten fehlender Ärzte ein Primärarztmodell auf Basis der Hausärzte nicht funktionieren würde, sagte Buhlinger-Göpfarth: „Das trauen wir uns zu.“ Wie Analysen des Zentralinstituts der kassenärztlichen Versorgung (Zi) ergeben hätten, würden auf die Praxen täglich nur zwei bis fünf zusätzliche Kontakte zukommen. „Das schaffen wir.“
Nicht jeder Schnupfen muss auf ärztlichen Schreibtisch
Nötig sei dafür aber eine Transformation der Arbeit und mehr Delegation in den Praxen. „Wir Praxisteams können mit Blick auf die wachsende Zahl älterer Menschen einen enormen Beitrag in der Versorgung leisten“, sagte Kerstin Petermann, Primary Care Managerin (PCM) in einer Hausarztpraxis in Bamberg. Auch Verbandschefin Buhlinger-Göpfarth unterstrich, dass nicht jeder Schnupfen auf den ärztlichen Schreibtisch gehöre.
Der 46. Hausärztinnen- und Hausärztetag findet bis zum Freitag mit rund 120 Delegierten aus ganz Deutschland in Berlin statt. Neben der Einführung eines verbindlichen Primärarztsystems soll es auf dem Verbandstreffen auch um die anstehende Notfallreform sowie die aktuellen Entwicklungen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens gehen. (gab)