Nicht nur Verbalattacken

Schleswig-Holstein: Gewalt gegen Ärzte nimmt zu

Nahezu die Hälfte aller im Norden arbeitenden Ärztinnen und Ärzte ist schon einmal Opfer von Gewalt geworden.

Veröffentlicht:
Vielen Ärzten reicht es, sich mit renitenten Patienten befassen zu müssen, die eigentlich Hilfe bei ihnen suchen.

Vielen Ärzten reicht es, sich mit renitenten Patienten befassen zu müssen, die eigentlich Hilfe bei ihnen suchen.

© 78art / stock.adobe.com

Kiel. Beleidigungen, Drohungen, tätliche Angriffe. Fast die Hälfte aller arbeitenden Ärztinnen und Ärzte in Schleswig-Holstein hat bei der Arbeit schon einmal Gewalterfahrungen gemacht. Tendenz: steigend. Das ist das Ergebnis einer Online-Umfrage zum Thema unter den rund 15.000 Ärztinnen und Ärzten im nördlichsten Bundesland vom Januar 2025. Etwa 1.700 Ärztinnen und Ärzte haben sich aktiv an der Umfrage beteiligt.

Immer häufiger würden Mediziner Opfer von verbaler und körperlicher Gewalt. Die Kammer reagiert unter anderem mit Deeskalationstrainings und kündigt eine Aufklärungskampagne für die Patienten an.

46 Prozent der Befragten gaben an, dass die Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte in den vergangenen drei Jahren zugenommen habe, nur ein Prozent nahm eine Abnahme wahr. 49 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte seien bereits persönlich von Gewalt betroffen gewesen. 55 Prozent der Vorfälle beträfen verbale Gewalt, wie Drohungen oder Beleidigungen und 32 Prozent der Fälle körperliche Angriffe. In jedem dritten Fall wurde die Polizei eingeschaltet, teilte die Kammer am Donnerstag mit.

Die Gewalterfahrung hinterlässt Spuren

Die Folgen erlebter Gewalt sind erheblich, so die Kammer: 38 Prozent der Befragten erlebten ihr Verhalten gegenüber Patienten nach einem Vorfall distanzierter. 15 Prozent leiden unter Schlafstörungen, Albträumen oder Panikattacken, fünf Prozent benötigen eine Psychotherapie. In zehn Prozent der Fälle führten die Übergriffe zu körperlichen Verletzungen, etwa durch Bisse oder Schnitte.

Grund für den Anstieg der Gewalterfahrungen der Ärztinnen und Ärzte seien unter anderem Unzufriedenheit mit der Gesundheitspolitik, kulturelle Missverständnisse oder wachsende Ansprüche der Patienten.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, wünschen sich die Ärzte laut Umfrage vor allem mehr Personal und strengere Gesetze. Unterdessen bietet die Kammer Deeskalationstrainings und will die Patienten per Aufklärungskampagne für einen angemessenen Umgang mit dem medizinischen Personal sensibilisieren.

„Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Debatte über den Umgang mit medizinischem Personal und eine konsequente Ahndung von Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte“, kommentierte Professorin Doreen Richardt, Vizepräsidentin der ÄK Schleswig Holstein. (cben)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Qual der Wahl

Therapie-Entscheidung bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa: Welche Türe nehmen?

Zurückhaltung ist Trumpf

Carotisstenose: Wer braucht wirklich eine Operation?

Lesetipps
Ein Röntgenbild, das einen Zweikammer-Permanent-Herzschrittmacher (PPM) in der linken Brust im Katheterlabor zeigt.

© MdBabul / stock.adobe.com

Hypertonie

Wenn der Herzschrittmacher zum Blutdrucksenker wird