Streit um Cannabinoid für Todkranke

POTSDAM (ami). Kann ein Cannabinoid todkranken Patienten künstliche Ernährung ersparen? Diese Frage sorgt in Brandenburg seit Jahren für Diskussionen. Jetzt befasst sich auch das Bundesgesundheitsministerium damit.

Veröffentlicht:

"Dronabinol kann und muss meines Erachtens in indizierten Fällen vom Arzt im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit verordnet werden. Es ist kein Wundermittel, aber es gibt todkranken Patienten die Möglichkeit eines selbstbestimmten, menschenwürdigen und mit Lebensqualität erfüllten Lebensendes." Diese Auffassung vertritt der Potsdamer Anästhesist und Schmerztherapeut Dr. Knud Gastmeier.

Das Rezepturarzneimittel Dronabinol hat sich seiner Meinung nach als wirksam gegen Appetitmangel bei Krebskranken insbesondere in der Terminalphase erwiesen. Doch es kann nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Deshalb kämpft Gastmeier seit Jahren mit den Krankenkassen um Kostenübernahmen für die Verordnungen. "Einige Patienten erhalten zeitnah eine Kostenübernahmebestätigung oder eine rechtskräftige Entscheidung dagegen", so Gastmeier.

Meist jedoch ist der Arzt nach Dronabinol-Verordnungen mit Regressforderungen der Kasse konfrontiert. Darin sieht Gastmeier den Grund dafür, dass nach Angaben der AOK Brandenburg kein einziger Palliativmediziner in Brandenburg Dronabinol verschreibt. "Das ist aber bei der fehlenden Therapiealternative unärztlich", sagt der Schmerztherapeut. Zumindest ein Privatrezept müsste seiner Meinung nach dann ausgestellt werden.

Die AOK Brandenburg begründet die Ablehnung der Kostenübernahmeanträge damit, dass sie aufgrund der fehlenden Zulassung zur GKV-Verordnung gar nicht anders entscheiden könne. Es sei aber in der Tat "eine berechtigte Frage, ob teure und belastende enterale Ernährung nötig ist, wenn prinzipiell eine Alternative bestehe", sagte der Sprecher der märkischen AOK Jörg Trinogga der "Ärzte Zeitung".

Die Kasse vertritt jedoch die Auffassung, dass nicht sie diese Frage beantworten könne. Das sei Sache der Fachgesellschaften, der Politik und des Gemeinsamen Bundesausschusses. "Uns ist daran gelegen, dass klargestellt wird, was für die GKV möglich ist. Aber bis dahin halten wir uns an die Spielregeln", so Trinogga. Am 15. Oktober steht die Verordnungsfähigkeit von Cannabinoiden in der Palliativmedizin auf der Tagesordnung einer Anhörung im Bundesgesundheitsministerium.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Wegen rechtlicher Bedenken

Hannover: Ärztekammer verbietet Sprechstunde auf dem Marktplatz

Elektronische Patientenakte

So steht es um die ePA in den Krankenhäusern

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Erfolge der CML-Therapie mit besserer Verträglichkeit steigern

© Springer Medizin Verlag

Erfolge der CML-Therapie mit besserer Verträglichkeit steigern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 1: Schematische Wirkprinzipien verschiedener immuntherapeutischer Ansätze beim Multiplen Myelom

© Johnson & Johnson

Therapie des Multiplen Myeloms

Ebnet die Präzisionsmedizin den Weg zur funktionellen Heilung dieser Neoplasie?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Abb. 1: APPULSE-PNH-Studie: Hämoglobin-Werte und ARC während des 24-wöchigen Studienzeitraums

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH)

Nach Umstellung auf Iptacopan: Hämoglobin-Wert klinisch relevant verbessert

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Eine Frau mit Insomnie liegt in ihrem Bett und kann nicht einschlafen.

© Marco / stock.adobe.com

Ansatz für die Prävention?

Schlafstörungen können Glaukom-Entstehung fördern

In der Grippe-Saison 2025/2026 in Europa wird die Influenza-Variante, A(H3N2) der Subklade K wahrscheinlich eine dominierende Rolle spielen.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Influenza A(H3N2) Subklade K

Grippe-Saison in diesem Jahr früher – ECDC rät zu Impfung