Westfalen-Lippe

Terminservice als Verschwendung von Ressourcen?

Die KVWL sieht drängendere Probleme und verweist auf hohe Bürokratiekosten durch Vermittlung.

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DORTMUND. Durch die Terminservicestellen werden Ressourcen vergeudet, die an anderer Stelle besser eingesetzt würden, meint der zweite Vorsitzende der KV Westfalen-Lippe (KVWL) Dr. Gerhard Nordmann.

"Als KV haben wir drängendere Probleme zu lösen, zum Beispiel die ambulante Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern", sagte er bei einer Diskussionsveranstaltung zum Versorgungsstärkungsgesetz, organisiert von der Akademie für medizinische Fortbildung der Ärztekammer Westfalen-Lippe und KV.

Die Terminvermittlung verursache hohe Bürokratiekosten. "Wir rechnen mit einem Kostenaufwand von 1,5 Millionen Euro im Jahr."

In Westfalen-Lippe gebe es rund 1,6 Millionen spezifische Überweisungen im Quartal. Inklusive der direkten Inanspruchnahme von Gynäkologen oder Augenärzten kämen 2,5 Millionen potenzielle Anfragen zusammen.

Bei aller Kritik sei klar, dass die KVWL die Stellen fristgerecht einsetzen werde, betonte Nordmann. "Wir werden mit schlanken Strukturen starten, Erfahrungen sammeln und nachjustieren."

Keinen Wunschtermin beim Wunscharzt

Die KV habe die Fachärzte gebeten, freie Termine zu melden und habe bereits Gespräche mit den Kliniken geführt. In Westfalen-Lippe werde man die von der KV Telematik entwickelte Software einsetzen. Klar sei, dass die KV keinen Wunschtermin beim Wunscharzt und zur Wunschzeit vermitteln werde.

Nordmann teilte den Forderungen der Kassen eine Absage, dass die KV Patienten mehrere Termine anbieten sollen. Man werde sich ans Gesetz halten. "Dort ist von einem Termin die Rede."

Die Krankenhäuser werden sich den Bitten der KV nicht verweigern, versicherte Matthias Blum, Hauptgeschäftsführer der Krankenhausgesellschaft NRW. "Wenn wir es vernünftig und partnerschaftlich machen, kriegen wir es hin." Blum empfahl, die Umsetzung der Servicestellen gelassen anzugehen und die Politik durch Fakten von der Überflüssigkeit zu überzeugen.

So hätten es die Krankenhäuser auch bei den gemeinsamen Schlichtungsausschüssen mit den Krankenkassen gemacht, die Streitigkeiten über Rechnungen bis 2000 Euro aus dem Weg räumen sollen.

Die Krankenhäuser wären gut damit gefahren, die Ausschüsse zu implementieren und gleichzeitig nachzuweisen, dass sie bürokratischer Unsinn sind. "Jetzt werden sie wieder abgeschafft", sagte er.

Lob für das VSG

Auch der CDU-Politiker Oskar Burkert, Mitglied des Gesundheitsausschusses im Düsseldorfer Landtag, scheint nicht damit zu rechnen, dass die Terminservicestellen auf großen Bedarf stoßen werden. "Ich nehme an, dass einige sie in Anspruch nehmen werden, aber es wird in einigen Jahren wieder abebben", sagte er.

Grundsätzlich sei das VSG ein gutes Gesetz, findet Burkert. "Wenn man Dinge sieht, die nicht in Ordnung sind, dann muss man sie schnell beseitigen."

ÄKWL-Präsident Dr. Theodor Windhorst monierte, dass die Terminservicestellen den Facharztstatus aushebeln. Er sei bei einer ambulanten Versorgung im Krankenhaus nämlich nicht gewährleistet. "Termin-Servicestellen schaffen eine Zwei-Klassen-Medizin", so Windhorst.

Es sei nicht zu leugnen, dass sich die Situation bei der Vergabe von Facharztterminen in den vergangenen Jahren verschlechtert hat, sagte Dr. Klaus Reinhardt, der Bundesvorsitzende des Hartmannbundes und Vizepräsident der ÄKWL. "Das Gesetz kuriert aber an Symptomen statt an die Ursachen zu gehen."

Das Hauptproblem liegt für Reinhardt darin, dass die Patienten einen völlig ungesteuerten und willkürlichen Zugang zu den Leistungen haben. Die Politik scheue aber davor zurück, dieses Problem anzugehen - obwohl gerade hier die große Koalition beste Chancen hätte. Ein Primärarztsystem könnte nach seiner Einschätzung eine Möglichkeit sein, den Zugang zu strukturieren. (iss)

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