Prostata-Screening

Urologen wehren sich gegen Kritik

Der DGU-Generalsekretär Professor Oliver Hakenberg, verwehrt sich gegen die Kritik von BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery an Screening-Tests zum Prostatakarzinom.

Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. "Die jüngsten Äußerungen des Präsidenten der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery, zum Sinn von Vorsorgeuntersuchungen müssen mit Vorbehalt betrachtet werden", mahnt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU), Professor Oliver Hakenberg.

Es sei mittlerweile allgemein bekannt, dass alle medizinischen Maßnahmen, auch die der Früherkennung, unerwünschte Wirkungen haben können, so Hakenberg in einer Mitteilung der DGU.

Es können Komplikationen einer Gewebeentnahme auftreten, es können sehr kleine Tumore festgestellt werden, die vielleicht keiner Behandlung bedürfen ("Überdiagnose"), es können Therapien mit potenziellen Nebenwirkungen bei eher nicht behandlungsbedürftigen kleinen Tumoren gemacht werden ("Übertherapie"), und es können Tumore festgestellt werden, die zwar einer Behandlung bedürfen, aber dann trotzdem nicht (mehr) geheilt werden können.

All diese Tatsachen sind bei medizinischen Maßnahmen in einem gewissen Maße unvermeidbar und gelten bei Früherkennungsuntersuchungen für Brustkrebs ebenso wie für das Prostatakarzinom.

Aktive Überwachung bei Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom empfohlen

"Diesen negativen Aspekten von Früherkennungsmaßnahmen beim Prostatakarzinom trägt die DGU schon lange Rechnung", so Hakenberg: In der "S3-Leitlinie zur Früherkennung, Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms" werde ein sorgsamer Umgang mit Früherkennungsuntersuchung und Zurückhaltung bei der Behandlung von sogenannten "Niedrig-Risiko-Prostatakarzinomen" empfohlen.

"Konkret wird für das Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom eine abwartende Strategie in Form der Aktiven Überwachung (Active Surveillance) empfohlen, bei der keine Operation oder Bestrahlung, sondern eine regelmäßige Kontrolle, ob überhaupt ein Tumorwachstum auftritt, durchgeführt wird", betont der DGU-Generalsekretär.

Diese defensive Strategie beim "kleinen Prostatakarzinom" soll die Übertherapie durch zu viele Operationen und zu viele Bestrahlungen vermeiden und diejenigen Patienten schützen, deren Prostatakarzinom keiner Behandlung bedarf.

Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland aber mit knapp 70.000 Neuerkrankungen am Prostatakarzinom pro Jahr nach wie vor jeder fünfte betroffene Mann am Prostatakarzinom und nicht an Altersschwäche stirbt, müsse man mit Warnungen vor zu viel Früherkennung sorgfältig umgehen.

"Die Schwierigkeit besteht darin, das Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom vom relevanten, ‚potenziellen Killer‘ zu unterscheiden", so Hakenberg.

Vorsorgeuntersuchungen nicht generell infrage stellen

Die Methoden dazu seien nicht perfekt, aber um diese Unterscheidung überhaupt treffen zu können, brauche es erstmal die Diagnose des Prostatakarzinoms in einem frühen, heilbaren Stadium.

"Genau das ist der Sinn einer Früherkennungsuntersuchung. Erst wenn die Diagnose feststeht, kann entschieden werden, ob eine möglicherweise lebensrettende Behandlung erforderlich ist oder ob ein Niedrig-Risiko-Karzinom vorliegt, dessen aktive Behandlung eine Übertherapie darstellen würde und daher eine Aktive Überwachung angebracht ist", so der DGU-Generalsekretär weiter.

Es sei daher überhaupt nicht sinnvoll, die Vorsorgeuntersuchung generell infrage zu stellen, denn dadurch würden gerade auch diejenigen Prostatakarzinome, die dringend einer Behandlung bedürfen, erst entdeckt, wenn sie Symptome verursachen und eine Heilung durch Behandlung in aller Regel nicht mehr möglich ist.

Die DGU und der Berufsverband der Deutschen Urologen e.V. empfehlen daher, dass Männer im Alter zwischen 45 und 70 Jahren, die wissen möchten, ob sie eventuell ein Prostatakarzinom haben, eine Früherkennungsuntersuchung mittels digital-rektaler Untersuchung und PSA-Test angeboten bekommen, die in Abhängigkeit vom Befund in ein- bis dreijährigen Abständen wiederholt werden sollte. Hakenberg: "Nur dadurch können auch diejenigen Prostatakarzinome, die Männer umbringen, rechtzeitig erkannt werden." (eb)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 31.05.201412:18 Uhr

Vorsicht, Aufmerksamkeitsfalle! Abwendbar gefährliche Verläufe?

Bei der Beurteilung von Effizienz und Effektivität der verschiedenen Screening-Tests zum Ausschluss oder zur Frühdetektion des Prostatakarzinoms höre ich insbesondere bei den häufig fachfremden Kritikern immer wieder konkrete bis diffuse Ängste ("the German angst") vor Überdiagnostik und Übertherapie ("over-diagnosis and over-therapy") heraus.

In der S3-Leitlinie zur Früherkennung, Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms wird jedoch ausdrücklich ein sorgsamer Umgang mit Früherkennungsuntersuchung und Zurückhaltung bei der Behandlung von sogenannten "Niedrig-Risiko-Prostatakarzinomen" angemahnt.

Zugleich gelten die berechtigten Empfehlungen von DGU und Berufsverband der Deutschen Urologen, dass Männer im Alter zwischen 45 und 70 Jahren, die wissen möchten, ob sie eventuell ein Prostatakarzinom haben, eine Früherkennungsuntersuchung mittels digital-rektaler Untersuchung, PSA-Test und ggf. Sonografie angeboten bekommen sollten, um diese in Abhängigkeit vom Befund in ein- bis dreijährigen Abständen zu wiederholen. Nur dadurch können potenziell tödliche Prostatakarzinome rechtzeitig erkannt werden. Denn mindestens 14.000 Männer sterben jährlich allein an dieser Krankheit in Deutschland.

Es ist allerdings extrem auffällig, dass nicht nur von Medizin-bildungsfernen Kritikern beim Prostata-Screening so gut wie nie von "Under-Diagnosis" oder "Under-Treatment" die Rede ist. Doch nicht nur in urologischen Fach-Praxen und -Kliniken, sondern auch in hausärztlichen und internistischen Praxen sehen wir immer wieder Patienten, die erst mit S e k u n d ä r s y p t o m e n eines loko-regionär Organgrenzen überschreitenden und/oder metastasierenden Prostatakarzinoms (Miktions- und Defäkationsprobleme, Knochenmetastasen) zur Primärbehandlung erscheinen, oder eine Hormon-ablative Therapie bzw. Radiatio allenfalls nur inadhärent durchführen lassen.

Diese Behandlungsfälle von Patienten mit u n z u r e i c h e n d e r Frühdiagnostik ("under-diagnosis") bzw. minimal verbleibenden, oft nur palliativen Therapieoptionen ("under-Treatment") bleiben der Aufmerksamkeit wissenschaftlicher Studien und krankheitsepidemiologischer Erhebungen oftmals vollkommen verborgen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Horst Grünwoldt 30.05.201412:49 Uhr

Vorsorge-Diagnostik

Aus Patientensicht ist dem hochgeschätzten Facharzt und Lehrstuhlinhaber für Urologie am Universitätsklinikum Rostock, Professor O.Hakenberg, ganz und gar recht zu geben!
Augenscheinlich hat sich der oberste Ärztefunktionär und Radiologe schon weit aus der klinischen Medizin und Diagnostik entfernt.
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt (Tierarzt i.R. und FTA für Hygiene und Mikrobiologie) Rostock

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